Beim Auslaufen am Tag nach der 0:3-Heimniederlage gegen Hannover 96 war beim 1. FC Nürnberg fast alles wie immer: Kapitän Hanno Behrens führte den Pulk der Stammspieler beim Auslaufen wie gewohnt vorneweg an. Und doch hatte Sportvorstand Robert Palikuca Redebedarf – das war dann doch eher unüblich. "Jemand, der so eine Aktion gemacht hat, das kann kein Fan sein, das kann einfach nur ein verwirrter Vollidiot sein", sagte er am Samstag dem Sender Sky zu den Morddrohungen gegen Behrens und Innenverteidiger Lukas Mühl, die der Verein unmittelbar nach der Hannover-Partie am Freitagabend publik gemacht hatte. Am Morgen des Spieltags waren etwa 50 Aufkleber im DIN-A-4-Format im Umfeld des Stadions und des Trainingsgeländes entdeckt worden, auf denen den "Anti-Fußballern" Behrens und Mühl ein ähnliches Schicksal wie dem Kolumbianer Andres Escobar angedroht wurde, sollte der Verein sich nicht von ihnen trennen. Escobar war nach einem Eigentor bei der WM 1994 in den USA nach der Rückkehr in seine Heimat mit sechs Schüssen hingerichtet worden.
Palikuca und Trainer Jens Keller hatten die beiden Spieler mit einem Sicherheitsbeauftragten am Freitagmittag in Kenntnis gesetzt. "Hanno hatte etwas Zeit, sich Gedanken zu machen, fühlte sich aber dazu in der Lage, ganz normal Fußball zu spielen", sagte Palikuca. Mühl war wegen einer Oberschenkelverletzung ohnehin nicht einsatzfähig. Der Rest der Mannschaft sei von Vereinsseite aus nicht informiert worden, weswegen der Sportvorstand in den Drohungen "keinen Grund" sah, "warum wir verloren haben". Als erste Maßnahme verkündete der Club noch am Freitagabend, in nächster Zeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu trainieren – offizieller Grund dafür ist jedoch die Ausbreitung des Coronavirus. Derweil läuft die Suche nach dem oder den Täter(n) weiter.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.