Niemand, aber wirklich niemand hatte diese Pointe beim fränkisch-oberpfälzischen Zweitliga-Derby mehr erwartet. In der Nachspielzeit - sein Team lag seit der 38. Minute mit 0:1 in Rückstand - machte sich Alexander Meyer, hauptberuflich Torhüter beim SSV Jahn Regensburg, mit auf in den Strafraum des 1. FC Nürnberg. Max Besuschkow brachte die Ecke nach innen, der Club klärte zunächst, doch Keeper Meyer schoss die Kugel artistisch mit dem Rücken zum Tor doch noch auf das Nürnberger Gehäuse. Club-Keeper Andreas Lukse lenkte die unangenehme Bogenlampe gerade noch über die Querlatte - nächste Ecke, wieder führte Besuschkow aus. Diesmal ging es Torwart Meyer offensiver an, er sprintete in den Ball am kurzen Pfosten, wuchtete den Kopfball an den zweiten Pfosten, wo Joker Jan-Marc Schneider nur mehr den Fuß hinzuhalten brauchte. 1:1 in der vierten Minute der Nachspielzeit, wenig später pfiff Schiedsrichter Patrick Alt die Partie ab. "Ich habe bisher nicht gewusst, dass ich einfach unseren Torhüter nach vorne beordern muss, damit wir endlich mal ein Standardtor erzielen", war ein glücklicher Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic nach dem Derby zu Späßen aufgelegt. Ganz anders sah dies sein Nürnberger Pendant Damir Canadi: "Wir haben das 2:0 nicht nachgelegt. Wir müssen die Konter besser ausspielen. Wir sind sehr enttäuscht. Wir wollten in die Top 6."
Dazu echauffierte er sich über das dritte Spiel in Folge, in dem sein Team vom Schiedsrichter benachteiligt worden sein soll. "Gegen St. Pauli hebt der Linienrichter einfach die Fahne, in Aue kassieren wir zwei Abseitstore und heute wird ein Tor von Nikola Dovedan wegen angeblichen Abseits nicht anerkannt - wieder falsch." Kein Wort verlor Canadi stattdessen über die Gründe, weshalb seine Truppe einen Sieg noch aus der Hand gab, der eigentlich fest eingetütet schien. Über 75 Minuten dominierte der Club vor 34 365 Zuschauern - darunter etwa 3000 aus der Oberpfalz - fast nach Belieben. Obwohl nicht mehr Treffer als das Kopfballtor von Kapitän Hanno Behrens dabei rumkamen, deutete nichts mehr darauf hin, dass der Jahn noch einmal zurückkommen sollte. Doch in der Schlussphase war die mentale Verunsicherung der Nürnberger nach etlichen Last-Minute-Gegentreffern zuletzt fast greifbar. Stürmer Michael Frey drückte dieses für fast jeden Stadionbesucher ersichtliche Dilemma wie folgt aus: "Die Lust, höher zu gewinnen, ist vielleicht kleiner als die Angst, die Führung zu verlieren." Und diese Angst bestrafte der Jahn spät in der Nachspielzeit.
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