Kunstrasenplätze für Fußballer: Die Oberpfalz ist "Entwicklungsland"

Raigering bei Amberg
17.02.2023 - 16:53 Uhr
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In Bayern, speziell in der Oberpfalz, gibt es im bundesweiten Vergleich nur wenige Kunstrasenplätze. Der SV Raigering hat einen, doch jetzt steht eine sehr teure Erneuerung an. Dennoch habe sich die Anschaffung gelohnt.

Vorsitzender Jürgen Zweck auf dem Kunstrasenplatz des Pandurenparks. Im Hintergrund trainiert die A-Jugend bei Flutlicht.

Wie jedes Jahr um diese Zeit beginnt für die Amateurfußballer das Training für die restlichen Spieltage der Saison. Und wie jedes Jahr gibt's die gleichen Probleme: Schnee, Regen oder gefrierender Rasen verhindern eine vernünftige Vorbereitung im Freien. Die meisten Mannschaften absolvieren dann Übungen in der Halle oder im Kraftraum. Denn kaum ein Verein verfügt über den Luxus eines Kunstrasens. So wie der SV Raigering. Aber dessen Platz ist nicht mehr der beste, wie Vorsitzender Jürgen Zweck einräumt. "Wir werden in den nächsten zwei, drei Jahren nicht darum herumkommen, den Belag zu erneuern. Das kostet uns rund 200 000 Euro, davon entfallen alleine auf die Entsorgung 30 000 Euro", erklärt Zweck."

Es sei damals, 2010, bei der Errichtung des Kunstrasenplatzes gesagt worden, die Nutzungsdauer betrage rund zehn Jahre. Der Raigeringer Platz sei trotz seiner inzwischen zwölf Jahre noch in einem leidlich guten Zustand. In den ersten Jahren sei der Platz etwas mehr an andere Vereine vermietet worden, in den letzten Jahren habe man das deutlich reduziert, um den Kunstrasen nicht so sehr zu strapazieren. Auch vor dem Hintergrund, dass der SV Raigering inzwischen über 20 Jugendmannschaften verfüge, dazu kämen fünf Herrenteams, die im Winter nur auf Kunstrasen trainieren und Vorrang genießen.

300 Euro Miete pro Spiel

Ein Spiel für einen fremden Verein kostet beim SV Raigering 300 Euro, eine Trainingseinheit 200 Euro. Bei einem Spiel sei der Aufwand größer, die Mannschaften benötigen zwei Umkleidekabinen und die Duschen. Im Jahr 2023 ist der Platz bisher rund zehn Mal vermietet worden, inklusive Training. Die Vermietung trage nur zu einem Bruchteil dazu bei, um die Kosten für einen Kunstrasenplatz zu tragen. "Ich kann ja nicht so rechnen, dass ich den Platz nur durch Vermieten finanziere. 99 Prozent der Nutzung sind die eigenen Mannschaften", erklärt Zweck.

Ganz alleine könne aber der SV Raigering nicht die Summe für eine Erneuerung stemmen. Zweck und seine Kollegen sind gerade dabei zu eruieren, wie sie das auf die Reihe bekommen: Anträge bei der Stadt Amberg auf Förderung, Aufnahme im Haushaltsplan und dann irgendwann die Umsetzung. Daneben stellt die Vorstandsriege des SV Raigering gerade Überlegungen an, die Erneuerung vorzuziehen. "Gerade im Hinblick auf das Granulat, das eine Zeitlang groß im Gespräch war. Inzwischen hat sich das gelegt, das Thema mit Mikroplastik und so weiter", sagt Zweck. Denn es gibt inzwischen Kunstrasenplätze, die nicht das umstrittene Granulat enthalten, sondern mit Sand beschwert werden oder mit Sand und Kork gefüllt werden. "Das ist ein komplett anderes System", sagt Zweck.

In Bayern nur rund 500

Die Firma Polytan, weltweit größter Hersteller von künstlichen Spielfeldern mit Sitz im oberbayerischen Burgheim, hat den Kunstrasen des SV Raigering vor zwölf Jahren installiert. "Wir entsorgen das alte Feld nicht, sondern das komplette Material wird zu 100 Prozent recycelt", sagt ein Sprecher der Firma. Das so entstandene Material wird für Banden von Soccercourts oder für Pflastersteine aus Kunststoff verwendet. Bei der Erneuerung eines Platzes wie den des SV Raigering wird nur die obere Schicht abgetragen, die untere, ein elastischer Untergrund, bleibt. "Diese Schicht hält rund 50 Jahre. Sie ist in Deutschland vorgeschrieben, damit sich die Spieler nicht verletzen", so der Sprecher des Unternehmens. Für die obere Lage veranschlagt die Firma Polytan einen Nutzungszeitraum von etwa 15 Jahren. In Bayern gebe es, so schätzt der Firmensprecher, rund 500 Kunstrasenplätze. "Die Oberpfalz ist Entwicklungsland, was dieses Thema angeht. Hier gibt es die wenigsten Plätze", so der Polytan-Sprecher. 15 Stück sind es laut Bayerischem Fußballverband: Drei in Regensburg, zwei in Weiden, einer in Raigering, Oberhinkofen, Burgweinting, Kareth-Lappersdorf, Obertraubling, Cham, Burglengenfeld, Steinmühle, Bad Kötzting und Vilzing. Spitzenreiter in Deutschland seien Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg mit je 1500 Plätzen.

Der Grund: In NRW und Baden-Württemberg gebe es eine wesentlich höhere Förderung für Kunstrasenplätze als in Bayern. Und in den Ballungsräumen seien die Vorteile von Kunstrasen deutlich früher erkannt worden. "Ein Kunstrasenplatz ersetzt gemessen an den Spiel- und Trainingsstunden drei Naturrasen." Der Kunstrasenplatz könne im Grunde genommen an 365 Tagen und rund um die Uhr bespielt werden.

Fehler in den Anfangsjahren

"Wie wir unseren Kunstrasenplatz nutzen, hat sich die Anschaffung schon gelohnt. Wir können im Dezember länger spielen, und früher beginnen. Das ist eine gewisse Sicherheit", erklärt Jürgen Zweck. Aber in den ersten Jahren seien einige Fehler gemacht worden. Der Platz wurde im Winter mit einem Bulldog geräumt, das sei nicht ideal gewesen. Denn die einzelnen Bahnen, aus denen der komplette Platz besteht, hätten sich verschoben. "Aber jeder war euphorisch, und jeder wollte drauf. So nach dem Motto: Jetzt haben wir den Platz, jetzt spielen wir auch", sagt Zweck. Inzwischen habe der SV Raigering Erfahrungswerte gesammelt und vermeide die Fehler aus der Anfangszeit. Dennoch – eine Erneuerung ist zwingend notwendig.

Hintergrund:

Fußball-Kunstrasen

  • Altes System: Kunstrasen mit Granulat
  • Neues, sogenanntes nachhaltiges System: Kunstrasen mit Sand und Kork oder nur mit Sand
  • Kosten komplett neuer Platz inklusive Flutlicht: 800 000 Euro bis 1 Million Euro
  • Kosten Erneuerung bestehender Platz: 200 000 Euro, davon ca. 30 000 Euro fürs Recyclen des alten Belages
  • Dauer der Erneuerung: ca. sechs Wochen bei warmer Witterung
  • Kosten eines neuen natürlichen Rasenplatzes: ca. 400 000 Euro
  • Pflegeaufwandeines natürlichen Rasens durch Düngen, Mähen etc. deutlich höher
  • Förderung Kunstrasen durch Landesverbände (in Bayern der Bayerische Landessportverband): nur noch für nachhaltige Systeme aufgrund einer verschärften sich in Planung befindlichen EU-Vorschrift
  • Meiste Kunstrasenplätze in Deutschland: Nordrhein-Westfalen ca. 1500, Baden-Württemberg ca. 1500
  • Bayern: ca. 500, Oberpfalz 15
 
 

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