Kommentar: Jogi hat den Absprung verpasst - jetzt ist endlich Schluss

Weiden in der Oberpfalz
30.06.2021 - 17:07 Uhr
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Das EM-Aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bedeutet das Ende der Ära von Bundestrainer Joachim Löw. Nach 15 Jahren verabschiedet sich der Weltmeister-Coach von 2014 mit einer Enttäuschung.

Kommentar von Rudolf Gebert
Joachim Löws Ära als Fußball-Bundestrainer ging am Dienstag im Londoner Wembley-Stadion zu Ende.

Endstation Wembley: Nach 15 Jahren ging am Dienstag eine Ära zu Ende. Mit der bitteren 0:2-Niederlage der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im EM-Achtelfinale gegen England endete nach 198 Spielen auf der deutschen Bank die (zu) lange Amtszeit von Bundestrainer Joachim Löw.

Nach dem "Sommer-Märchen 2006" (WM im eigenen Land) hatte Löw das Bundestrainer-Amt von Jürgen Klinsmann übernommen. Positiv in Erinnerung bleiben die ersten zehn Jahre. Jogi und die Nationalelf, das war eine Erfolgsgeschichte, mit der Krönung durch den Weltmeister-Titels 2014 in Brasilien. Zwischen 2008 und 2016 erreichte Deutschland bei fünf Turnieren (drei Mal EM, zwei Mal WM) immer mindestens das Halbfinale. Doch danach ging es stetig bergab - und mit den Enttäuschungen nahm auch die Kritik an Jogi Löw zu.

Jogi muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er den Absprung verpasst hat. Die erste Möglichkeit wäre 2014 gewesen, auf dem Höhepunkt wäre ihm ein Denkmal sicher gewesen. Endgültig angezählt war Löw spätestens nach dem historischen Vorrunden-Aus bei der WM 2018 in Russland. Er blieb im Amt, auch nach vielen weiteren schwachen Länderspielen - und auch nach dem 0:6-Debakel im November 2020 in Spanien. Im März 2021 kündigte er seinen Rückzug nach der EM an, doch die Luft war längst raus. Nicht einmal die 1:2-Pleite gegen Nordmazedonien bewegte ihn zum Umdenken.

Ein Markenzeichen von Jogi Löw ist seine Sturheit - und die behielt er bis zum Schluss bei. Die Reaktivierung von Mats Hummels - der beste deutsche Spieler bei der EM - und Thomas Müller war richtig, kam aber viel zu spät, um noch für die nötige Harmonie mit den Mitspielern zu sorgen. Warum er nicht auf die bei Titelsammler FC Bayern hervorragend funktionierende Mittel-Achse Kimmich, Goretzka (er war zu EM-Beginn allerdings verletzt) und Müller setzte, bleibt sein Geheimnis. Kimmich war rechts verschenkt, Müller musste mal rechts, mal links und mal als Mittelstürmer ran. Auch die Nibelungen-Treue zu "Querpass Toni" (Kroos) hat Löw zu verantworten. Ebenso sein Festhalten an der von allen Experten kritisierten Dreierkette. Das Ergebnis: Sieben Gegentore in vier EM-Spielen - mit dieser Bilanz gewinnt man keine Titel.

Jetzt ist endlich Schluss, doch Löws Nachfolger Hansi Flick ist um sein Amt nicht zu beneiden. In der zerstrittenen DFB-Führung ist nichts intakt, und die Nationalelf gehört längst nicht mehr zur Weltspitze. Viel Zeit bleibt dem ehemaligen Erfolgscoach des FC Bayern München nicht: Am 21. November 2022 beginnt die WM in Katar.

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Weiden in der Oberpfalz29.06.2021
 
 

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