Viele halten die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar für einen handfesten Skandal – dieser Mann ist es in jedem Fall. Selbstgefällig, Tatsachen ignorierend, beleidigend. Mit seiner im smarten Ton vorgetragenen, aber gleichwohl scharfzüngigen Wutrede auf Skeptiker und Gegner dieser WM hat sich Gianni Infantino selbst disqualifiziert. Der Fifa-Präsident leugnet nicht nur die Fakten und verdreht dabei die Realität. Mit seinen wirren Attacken wird der Schweizer selbst zu einem Problem für größtmöglichen Konsens im Fußballweltverband.
Ausgerechnet am Tag eins vor dem WM-Start hatte Infantino am Samstag die ganz große Kanone gegenüber den Katar-Kritikern in Stellung gebracht. Sein einstündiger Monolog geriet zu einer Abrechnung, die Fassungslosigkeit hinterlässt. Europa, ja die gesamte westliche Welt watschte der 52-Jährige in einer Weise ab, als würde er alle Brücken hinter sich abbrechen wollen.
Als ob dieser Affront nicht bereits genug wäre, stellte sich Infantino so vorbehaltlos hinter Katar, wie es sich das Emirat nur zu gerne von allen Seiten wünschen würde. Dass der Fifa-Präsident die letzten 3000 Jahre europäischer Geschichte bemühte, die Schuldfrage stellte, um die Missachtung von Menschenrechten, Korruption und Willkür im WM-Gastgeberland zu beschönigen – das war billig und peinlich zugleich.
Es stellt sich die Frage: Was hat Infantino geritten, so ein bizarres Statement hinzulegen? Eine mögliche Antwort: Die Kungeleien und Abhängigkeiten des Weltverbandes von Katar gehen so weit, dass sich die Fifa-Spitzen mittlerweile auf Gedeih und Verderb dem Diktat des Ausrichters unterwerfen. Das von Infantino heruntergespielte Alkoholverbot rund um die Stadien ist tatsächlich nicht das Problem. Es ist aber die Rollenverteilung, die Bände spricht: Hier das den Ton angebende Emirat, dort die buckelnde Fifa. Der Bierausschank ist Nebensache, Werte und Menschenrechte sind es nicht.
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