Der Aufschrei war groß, die Erleichterung ist es nun ebenso. Die missverständliche E-Mail, in der Florian Weißmann, Jugendleiter beim Bayerischen Fußballverband (BFV), zum 1. Juli Regeländerungen bei den E-, F- und G-Junioren ankündigte, ist drei Tage später zumindest größtenteils entschlüsselt. "Die Änderungen finde ich grundsätzlich gar nicht negativ, lediglich die Umsetzung war aus meiner Sicht nicht gerade glücklich", sagte Christoph Grabinger, Gesamtjugendleiter beim SV Raigering (Kreis Amberg/Sulzbach). Wie berichtet, soll es ab dem 1. Juli bei den jüngsten Fußballern neue Spielformen geben (Drei gegen drei, fünf gegen fünf, ohne Torwart, auf vier Mini-Tore, Rotationsprinzip, etc.). Für Missverständnisse sorgte der letzte Satz in der ominösen BFV-Mail: "Inkrafttreten ab 1. Juli 2019." Ein Bericht im "Kicker" (Donnerstag) hatte die Diskussionen zusätzlich angefacht. Für viele Vereinsvertreter klangen die neuen Richtlinien als verpflichtend und den bisherigen Ligabetrieb ersetzend.
Gegenüber Oberpfalz-Medien hatten Bezirksjugendleiter Karl Fenzl und Karl Helmberger, Jugendleiter im Fußballkreis Cham/Schwandorf, jedoch bereits am Donnerstag relativiert, dass es sich bei den neuen Spielformen um zusätzliche und optionale Ergänzungen zum bekannten Format handelt. "Wir wussten vorher von nichts. Auf uns hat das den Eindruck gemacht, als sollten Neuerungen im Hauruck-Verfahren durchgeboxt werden. Ich bin gespannt, wie das jetzt umgesetzt werden soll", sagte Grabinger. Bezirksvorsitzender Thomas Graml rechtfertigte die Vorgehensweise des Verbands auf der Onetz-Facebookseite: "Wie auf den Spielgruppentagungen besprochen, ist dies ein Zusatzangebot." Das bestätigte Achim Neupert, Jugendleiter bei der DJK Neustadt/WN.: "Auf der Tagung im Februar wurde angedeutet, dass etwas kommt, aber nicht so, als würde es bereits zum 1. Juli in Kraft treten."
Mit der Mail des BFV hatte auch Neupert anfangs so seine Verständnisprobleme. "Ich habe den Inhalt zunächst falsch interpretiert, dachte die Änderungen sind Pflicht. Aber inzwischen ist klar, dass es sich um eine Option handelt, und so halte ich das für eine gute Sache - aber nur so." Unterschiedlich große Bälle und mehrere Tore würden ohnehin schon zum Trainingsinhalt bei der DJK gehören.
Huberth Rosner, Betreiber einer Torwartschule aus Tirschenreuth, bewertet den Verzicht auf einen festen Torhüter bei der jüngeren E- bis zur G-Jugend differenziert. "Rotation bei der Torwartposition halte ich schon immer für sinnvoll, jedoch nicht als Regelvorgabe. Ohne Torwart bis zur D-Jugend und zwei Jahre später steht ein Kind im Kasten, das ein 7,32 Meter mal 2,44 Meter großes Tor hüten soll? Da spinnen doch die Römer."
Neben dem Wegfall des (festen) Torhüters kritisiert Rosner zudem den Verzicht auf Ergebnisse und Tabellen. "So setzt der Verband das Leistungsprinzip völlig außer Kraft. Auf dem Papier gibt es nur Gewinner, in Wahrheit bilden wir aber Verlierer aus. Gerade Niederlagen formen den Charakter. Das gehört zum Sport."
Beim FC Tirschenreuth wäre die Verbandsmail fast im Papierkorb gelandet, da die Betreffzeile lautete: "Bestellaktion von Toren für Mini-Fußball". Erst beim Überfliegen stieß der Jugendleiter des FC auf den brisanten und überraschenden Inhalt. "Auf den Tagungen wurde da überhaupt nichts angesprochen", sagte Rosner.
Die BFV-Änderungen im Wortlaut
Richtlinie für den Minifußball (Fußball 5, Fußball 3)
Der Verbands-Jugendausschuss möchte mit den Spielformen im Minifußball die Kreativität und Spielintelligenz der einzelnen Spieler entwickeln. Um dies sicherzustellen, gelten folgende Maßstäbe:
• Fußballspielen für alle Kinder ermöglichen (Reduzierung der Meldehürde)
• gleiche Spielzeiten für alle Spieler
• viele Ballkontakte, viele Dribblings
• viele Tore = viele Erfolgserlebnisse
• Ausschalten des Relative Age Effect (relativer Alterseffekt) und der Drop Out-Raten (Ausscheidungs-Quote)
• keine Ersatzbank
• keine Positionsfixierung einzelner Spieler
I. Voraussetzungen
Der Minifußball findet in den Altersklassen der G-, F- und jüngeren E-Junioren statt. Zur Teilnahme ist eine Spielberechtigung zwingend notwendig. Ausgenommen davon sind Turniere bzw. Festivals der Altersklasse der G-Junioren. In diesem Fall ist die Mitgliedschaft im jeweiligen Verein ausreichend.
II. Spielfeldaufbau
Der Verbands-Jugendausschuss empfiehlt folgenden Spielfeldaufbau:
1. Das Spielfeld muss rechteckig sein und eine Größe von 20-25 x 25-30 Meter haben.
2. Es ist eine Schusszone von 6 Metern von der Torlinie entfernt zu kennzeichnen. Der Strafstoßpunkt entfällt.
3. Die Mittellinie ist zu markieren. Die Spielfeldbegrenzungen werden durch Hütchen markiert.
4. G- und F-Junioren: 2x 2 Minitore (1,80 x 1,20 Meter oder 1,20 x 0,80 Meter) oder 2 Tore (3 x 1,65 Meter); E-Junioren: Handballtore (3 x 2 Meter), alternativ Minitore Ebenso können
Tore durch Stangen oder Hütchen dargestellt werden. Die Tore können unterschiedlich aufgebaut werden.
III. Zahl der Spieler/-innen und Spielzeiten
1. Eine Mannschaft besteht aus drei (G- und F-Junioren) bzw. fünf Spielern (E-Junioren).
2. Torwart: Bei den G- und F-Junioren gibt es keinen Torwart. Bei den E-Junioren wird einer der fünf Spieler als Torwart gekennzeichnet, der nur in der eigenen Schusszone spielt. Nach jedem Spiel erfolgt eine Rotation des Torwarts.
3. Spielerwechsel erfolgen in Form einer Rotation der Spieler von der Seitenlinie, d.h. ein Spieler wird erst ein zweites Mal vom Feld genommen, wenn alle anderen Spieler bereits pausiert haben.
4. Die Anzahl der Rotationsspieler ist um einen Spieler weniger als auf dem Spielfeld spielen. Bei gleicher Spielerzahl ist eine weitere Mannschaft zu bilden.
IV. Spielform- und Bestimmungen
1. Festival
1. Die Spielfelder werden nummeriert. (Festlegung der Spielstärke)
2. Es wird im "Champions-League-Modus" gespielt. Die Gewinner steigen ein Feld auf, der Verlierer ein Feld ab. Gewinner auf dem stärksten Feld und Verlierer auf dem schwächsten Feld verbleiben dort.
3. Nach jedem Torerfolg wird bei beiden Mannschaften ein Rotationsspieler eingesetzt.
4. Endet ein Spiel unentschieden, wird die Mannschaft mit dem zuletzt erzielten Tor als Gewinner gewertet.
5. Die Spiele erfolgen in mehreren Spielabschnitten zu je in der Regel 7 Minuten.
2. Turnierform
1. Die Spielzeit je Spiel beträgt zwischen 10 und 15 Minuten
2. Es wird im Modus jeder-gegen-jeden gespielt
3. Eine Tabelle und Siegerehrung gibt es nicht.
V. Sonstige Bestimmungen
1. Der Spielball muss ein Leichtspielball der Größe 3 (G- und F-Junioren) bzw. Größe 4 (E-Junioren) bis 290 gr. sein.
2. Zu Spielbeginn wird der Ball von der Seite in das Spielfeld geworfen. Die Mannschaften befinden sich zu diesem Zeitpunkt auf der Linie der Schusszone.
3. Es wird ohne Abseitsregel, Strafstoß und direkten Freistoß gespielt.
4. Aus einem Eckstoß kann ein Tor direkt erzielt werden.
5. Innerhalb der Schusszone darf kein indirekter Freistoß ausgeführt werden. Der Ball ist auf die Schusszonenlinie zurückzulegen.
6. Ein Schiedsrichterball wird analog dem Anstoß ausgeführt.
7. Beim Toraus wird das Spiel mit Einstoßen oder Eindribbeln fortgesetzt, dies gilt auch bei einem Eckstoß. Der Eckstoß wird von der Schusszone ausgeführt.
8. Bei einem Seitenausball ist das Spiel durch Einstoßen oder Eindribbeln außerhalb der Schusszone fortzusetzen.
9. Bei der Ausführung von Freistößen und Eckstößen müssen die Spieler/- innen der gegnerischen Mannschaft mindestens fünf Meter vom Ball entfernt sein.
10. Im Übrigen gelten die vom DFB anerkannten Fußballregeln sowie Satzung und Ordnungen des BFV.
Inkrafttreten ab 1.7.2019
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