Im Gepäck hat er Lesestoff über die Bayerische Weltgeschichte, witzige Sagen und Märchen und Krimis. Der Kulturredaktion hat der radelnde Buchhändler mehr zur Aktion erzählt: Was hat Sie auf die Idee gebracht, Ihren Urlaub auf dem Fahrrad und in Buchhandlungen zu verbringen?
Sebastian Thomann: In meinem Leben gab es immer zwei große Leidenschaften: mit dem Fahrrad durch die Welt zu fahren und in Buchhandlungen nach guten Büchern zu suchen. Seit ich meine eigene Buchhandlung habe, kam beides ein wenig zu kurz. Als Buchhändler hat man selten Zeit, seine Kolleginnen und Kollegen zu besuchen. Irgendwann war dann klar: im nächsten Urlaub besuche ich Buchhandlungen, und natürlich mit dem Fahrrad. Dass daraus jetzt eine Lesereise geworden ist, ist auch dem Engagement und der Einladung meiner Kolleginnen und Kollegen zu verdanken.
Nach welchen Kriterien haben Sie Ihre Route zusammengestellt?
Die Route war schnell zusammengestellt: Es mussten Buchhandlungen sein, die etwas Besonderes und Eigenes haben. Oft kommt ein Kunde in meinen Laden und sagt zum Beispiel: "Ich war letztens in Altdorf, da gibt es auch so einen schönen Laden wie den Ihren." Na ja, und um ehrlich zu sein: Sulzbach, Altdorf, Pressath - zwischen Regensburg und Nürnberg gibt es da nicht so viele Perlen in der Buchhandelslandschaft. Nach Hersbruck wollte ich noch fahren, aber die Inhaber sind in der Woche selber im Urlaub.
Buchhandlungen als Sehenswürdigkeiten in Reiseführern - werden Sie nach Abschluss Ihrer Lese-Radl-Tour mit entsprechenden Verlagen Kontakt aufnehmen?
Der Gedanke war nicht so ernst gemeint. Aber es wäre doch witzig, wenn in einem Oberpfalz-Führer steht: 'Wenn Sie schon in Sulzbach sind, besuchen Sie unbedingt die Buchhandlung Volkert.' Für mich war es früher so, dass ich ganz selbstverständlich in einer fremden Stadt nach der Buchhandlung gesucht hab. Eigentlich braucht es dafür keinen Reiseführer. Wir Buchhandlungen sind ja schließlich kein Museum.
Brauchen kleine, inhabergeführte Buchhandlungen heute mehr denn je die Solidarität untereinander?
Ja, das brauchen sie. Mir jedenfalls tut es gut, zu sehen, dass in anderen Städten sich meine Kolleginnen und Kollegen auf jeweils ihre Weise bemühen, die Kultur der Bücher zu pflegen. Da kann man sich moralisch unterstützen oder mit Ideen, oder vielleicht auch mal eine gemeinsame Aktion wie meine Radltour durchziehen, so dass unsere Kunden merken: die Bücherlandschaft blüht.
Können leidenschaftliche, ideenreiche Buch-Davids am Ende doch den Kampf gegen einfallslose, rein gewinnorientierte Konzern-Goliaths gewinnen?
Die kleinen Buchhandlungen und deren Kunden leben nach anderen Regeln als denen der großen Konzerne. Weil es so wenig Überschneidungen gibt, sehe ich die Konkurrenz mit den großen Konzernen weniger als Kampf. Vielmehr besetzen wir kleinen Buchhandlungen eine Nische, in der sich große Logistikunternehmen schwer tun, Fuß zu fassen. Letzten Endes ist es wohl so, dass wir kleinen Buchhandlungen ein Angebot machen - das beinhaltet neben dem bloßen Erwerb eines Buches z. B. auch Lesungen an Grundschulen, Kulturveranstaltungen, Lesezirkel oder Praktikumsplätze für Schülerinnen und Schüler. Ich bin zuversichtlich, dass es auch weiterhin genug Buchliebhaber gibt, denen das Gesamtangebot einer Buchhandlung wichtig ist.
Für Ihre abendlichen Lesungen haben Sie unter anderem die Themen "Sagen und Märchen", "Bayerische Weltgeschichte" und "Kriminalgeschichten" im Gepäck- eine bunte Mischung, verraten Sie mehr dazu?
Meine abendlichen Lesungen sind aus den Themenabenden entstanden, die ich immer wieder in meiner Buchhandlung oder dem benachbarten Restaurant anbiete. Ich führe auf unterhaltsame Art durch verschiedene Aspekte der Literaturgeschichte - zumindest versuche ich, unterhaltsam zu sein. Meine Lieblingsthemen habe ich jetzt auf meiner Radl-Tour mit im Gepäck - Märchen, Bayern, Krimis.
Die Bayerische Weltgeschichte passt so gut zu Verlag und Buchhandlung Bodner nach Pressath. Ich verkaufe schließlich in meinem Laden eine ganze Menge Bücher aus seinem hauseigenen Verlagsprogramm - alles Sachen über Bayern und Oberpfalz. Das Thema selbst war ein Wunsch meiner Kunden, die immer wieder gefragt haben, ob ich nicht mal einen Bayern-Abend mache. Jetzt geht die Reise von den Agilolfingern bis zur WAA.
Und Krimis? Da gibt es alles von Adam und Eva (Mundraub) bis zum hardboiled detective aus Chicago. Und Märchen sind sowieso mein Lieblingsthema, gepfeffert mit dunklen Sagen, dass es nicht zu kitschig wird. Auf die Lesung in Höchstadt in der Bücherstube freue ich mich besonders - der Abend wird für mich selber ein wenig märchenhaft. Meine beiden Großväter nämlich - der eine hieß Siegfried, der andere hieß Georg: ich hatte zwei Drachentöter-Opas. Und der Georg-Opa kam aus einem kleinen Dorf vor einem großen Wald bei Höchstadt. Obermembach liegt nicht ganz auf unserer Route, aber den kleinen Umweg werden wir fahren.
Haben Sie auch für Petrus eine spannende Buchempfehlung, für die er sich mit bestem Radl-Wetter revanchiert?
Für Petrus, einen innerlich wie äußerlich starken Mann, empfehle ich Kazuo Ishiguro, "Der begrabene Riese". Das haben die sicher noch nicht in der himmlischen Bibliothek stehen. Und wenn er mit dem Buch anfängt, wird er ganz vergessen, dass er es regnen lassen wollte. Ich kann mir die Tour auch gar nicht anders als im Sonnenschein vorstellen.
Soll Ihr Beispiel Schule machen und weitere Kollegen aus Liebe zum Buch und Lesen aufs Fahrrad bringen?
Jedem das seine. Ich werde nächstes Jahr sicher wieder fahren, wenn meine Kollegen mich wieder einladen. Und wenn jemand zu mir radeln möchte - jederzeit.
Radl-Lese-Tour
In der Buchhandlung Bodner in Pressath ist Sebastian Thomann am Dienstag, 22. Mai, zu Gast (Thema Geschichten und Sagen aus Bayern). Am Mittwoch, 23. Mai, liest er in der Buchhandlung Volkert in Sulzbach-Rosenberg (Märchen und Sagen). Dann fährt er weiter nach Höchstadt und Altdorf. Das Finale steigt am Sonntag, 27. Mai, in Thomanns eigener Buchhandlung am Rathaus in Burglengenfeld mit einer "FrühlingsBücherNacht". Beginn ist jeweils um 19 Uhr. (aks)
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