Haben Sie schon mal einen Bademantel angezogen, um ins Büro zu fahren? Sind Sie schon mal im Jogginganzug zur Hochzeit gegangen oder in Badehose zum nächsten Friseurtermin? Nein? Sie finden das eine komische Vorstellung? Ich auch. Und glauben Sie es mir, der Großteil unserer Mitbürger ganz sicherlich auch. Uns alle eint eine unausgesprochene Übereinkunft: Es gibt Kleidungsstücke und Situationen, die passen einfach nicht zusammen.
Jedoch versagt dieses stille Stil-Versprechen bei manchen, wenn es um funktionelle Outdoor-Bekleidung geht. Sie wissen schon, diese unfassbar teuren Kunststoffklamotten, gemacht, um durch die Arktis zu wandern oder einen Achttausender zu besteigen. Hergestellt von Modelabels wie Jack Wolfskin, The North Face, Wellensteyn, Schöffel oder Patagonia. Wasserabweisend, atmungsaktiv, mit abnehmbaren Ärmeln, tausend versteckten Reißverschlüssen und Taschen und mit viel Glück auch strahlenabweisend, selbstheizend oder mit eingebauter Powerbank. Meist dann auch noch in den klassischen Signalfarben Giftgrün, Rotkreuzrot oder einem grässlichen Gelb. Was im Kontext der Alpenbesteigung ja durchaus Sinn macht, um warm und auffällig durch das weiße Gebirge zu kommen, ist bei der nachmittäglichen Cappuccino-Tour in der Stadt bei zehn Grad warmen und schneelosen Wintern nur noch lächerlich.
Aber warum zwingen sich Menschen überhaupt freiwillig in kunterbuntes Vollplastik? „Na, weil sie praktisch sind“, höre ich schon den ersten brüllen. Ja, freilich sind sie das mit ihren vielen Taschen und abnehmbaren Kapuzen und Ärmeln. Das will ich ja gar nicht verschweigen. Windeln, Schwimmflügel und Gummistiefel sind das aber auch. Dennoch laufen wir damit nicht den ganzen Tag freiwillig durch die Gegend, sondern wissen, wann sie angebracht sind.
„Und was sollen wir stattdessen tragen“, fragt der Nächste. Wie wäre es mit etwas Natürlichem? Also Wolle, Kaschmir, Leinen, Tweed oder Baumwolle. Verarbeitet in einem hochwertigen Mantel, Parka, Trenchcoat, Blazer oder Caban. Eben etwas, das ausdrückt, als habe man ein Fünkchen Verstand für situative Kleidung. Na ja, was soll's. Vielleicht entscheidet sich demnächst ja jemand, statt für eine Plastikjacke einen mittleren dreistelligen Betrag für einen gleich teuren Wollmantel auszugeben. Meine Augen würden es jedenfalls danken.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.
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