Der Kopf ist geneigt, der Blick auf das Mobiltelefon gerichtet. Es ist kein seltener Anblick, läuft man durch die Innenstadt, sitzt man in der Bahn oder im Einkaufszentrum – vorausgesetzt man wagt selber mal einen Blick geradeaus auf seine Mitbürger. Es scheint, als würde in dem kleinen Kästchen etwas passieren, was so wichtig ist, dass es alle in seinen Bann zieht. Spoiler: Tut es nicht. Wahrscheinlich sind es Nachrichten auf WhatsApp, die im Dauerregen auf einen einprasseln, oder ein endloses Spiel, bei dem man Bonbons zerschießen muss, oder ein süßes 15-Sekunden-Katzenvideo auf Instagram.
Moment, weiter gewischt – und schon ist das neue Video da. Was habe ich mir davor nochmal angeschaut? Aber genug Kritik. Wenn mein Nacken wieder schmerzt und die Schultern verspannt sind, weiß ich, ich habe es nicht viel besser gemacht. Ich habe zu viel auf mein Handy und zu wenig in den Himmel geschaut. Daher habe ich jetzt zumindest eine App von meinem Handy gelöscht, die meine Aufmerksamkeit regelmäßig bekam: Instagram. Instagram ist eine Quelle an sinnlosem Geschwafel, mal mehr, mal weniger interessanten Neuigkeiten, süßen Tiervideos und Sauerteigbrot. Was auch ganz groß ist, sind die „inspirierenden Sprüche“.
Doch muss ich dafür in mein Handy schauen? Nein. Auch die stoffliche Welt hat einiges zu bieten. Katzen, Vögel und Hunde hopsen durch die Gegend, man kann sie manchmal sogar live streicheln. Geschwafel gibt’s beim Nachbarn, Sauerteigrezepte hat meine Mutter und inspirierende Sprüche gibt es zahlreiche in der Stadt, an Hauswänden, Straßenlaternen – und man muss seinen Kopf nicht mal heben. Es gibt die melancholischen Poeten: „Das Leben ist so schön, sag mir, warum müssen wir uns immer wehtun?“, steht auf einer Bank. Dann die etwas anderen Dichter: „Beeile dich, Bier wird warm“, ist auf den Boden geschrieben. Oder mein Favorit: „Aufgeben kannst du bei der Post.“ Ich muss schmunzeln, als ich das sehe. Stimmt, gleich etwas beschwingter laufe ich weiter. Ich nehme mir vor, öfter in die Welt hinauszublicken.
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