Wann ist man eigentlich erwachsen? Wenn man einen Steuerberater hat? Anfängt Kaffee zu trinken? Oder ein Einfamilienhaus mit Einbauschränken plant? Es erfüllt jedes Klischee, dass ich in diesem Jahr mehr als in jedem zuvor über mein Alter nachdenke. Vor ziemlich genau vier Monaten durfte ich meinen 30. Geburtstag feiern. 30. Ein komisches Alter. Während die eine Hälfte meiner Bekannten heiratet, Kinder bekommt und ihre Einbauschränke mit Tupperware füllt, sind die anderen auf Tinder unterwegs und feiern als wären sie noch 16. Nur um am nächsten Morgen schmerzlich festzustellen, dass sie das nicht mehr sind und sich drei Gläser Wein eher nach drei Flaschen anfühlen.
Als Kind konnte ich es jedenfalls kaum erwarten, endlich erwachsen zu sein. Meine Vorstellung damals? Solange aufbleiben, wie man möchte und Süßigkeiten essen, bis einem der Bauch weh tut. Ein Abgleich mit der aktuellen Realität zeigt – ganz so ist es nicht. Eher: Rechnungen, die bezahlt und Verträge, die unterschrieben werden wollen. Ein Wecker, der jeden Tag unermüdlich klingelt, und Fragen zu Zahnzusatzversicherungen und Altersvorsorge. Wenn ich jetzt so lange wach bleibe, wie ich möchte, dann meistens, weil ich wegen all der Dinge, für die ich plötzlich verantwortlich bin, sowieso nicht schlafen kann. Nur der Bauch, der tut mir nach der Tüte Gummibärchen vor dem Abendessen tatsächlich weh.
Auf den ersten Blick klingt das nicht nach etwas Erstrebenswertem. Die Vorstellung eines Lebens als Peter Pan verlockend. Aber niemals erwachsen werden? Ich weiß nicht. So mag es zwar stimmen, dass es in meiner Kindheit deutlich weniger Verträge (die ich vergessen habe zu kündigen) gab, allerdings auch weniger kalte Pizza zum Frühstück. Oder Eis zum Abendessen. Oder spontane Reisen. Oder durchgemachte Nächte. Ich glaube, dieser Teil des Erwachsenwerdens wird oft unterschätzt. Denn eigentlich ist es ganz schön schön (und privilegiert) sein Leben so gestalten zu können, wie man möchte. Zu reisen, wohin man möchte. Zu lieben, wer einem guttut. Und zu lernen und zu arbeiten, was einem Freude bereitet.
All das geht als Erwachsener. Und zwar ganz genauso, wie man möchte. Erwachsensein ist auch ein Stück Freiheit, das man sich selbst hart erarbeitet. Und diese Vorstellung mag ich. So richtig erwachsen fühle ich mich natürlich trotzdem auch mit 30 Jahren nicht. Auch werde ich wohl nie aufhören Wackelpudding und schlechte Witze zu lieben. Aber vermutlich ist es irgendwie der richtige Weg zu erkennen, dass das Leben nicht immer nur Kopfzerbrechen sein muss und Entscheidungen zu treffen auch etwas Gutes sein kann.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne "OTon" schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet - was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.
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