An einem Freitagmorgen, es ist noch nicht einmal 8 Uhr, ploppen auf meinem Handy Nachrichten auf. Es schreiben zwei Freunde, zwei, die sich nicht kennen, die aber ein Problem vereint: Die Freundin hat Schluss gemacht. Nicht direkt, irgendwie ein bisschen übers Handy, "wir müssen in den nächsten Tagen reden, ich habe mir Gedanken über unsere Beziehung gemacht", die Intention ist klar.
Ich gebe mir Mühe, Betroffenheit zu signalisieren, als mir bei persönlichen Gesprächen, gepaart mit dem ein oder anderen Bier, das Herz ausgeschüttet wird. Furchtbar, antworte ich, aber wird schon wieder. Insgeheim schüttele ich den Kopf. Zwei Beziehungen, die maßgeblich über das Handy geführt worden sind, sind nun wieder nach wenigen Monaten vorbei, drohend angekündigt über Whatsapp. Es ist symptomatisch für meine Generation, denke ich mir in diesem Moment.
In meinem Freundeskreis sind alle, auch ich, zwischen Mitte 20 und Anfang 30. In diesem Alter waren unsere Eltern längst verheiratet und sind es in den meisten Fällen bis heute noch. Sie haben sich irgendwo beim Sport, beim Weggehen, im Verein kennengelernt, haben ein Haus gebaut und Kinder bekommen. Man bleibt zusammen, auch, wenn man sich auf die Nerven geht, steht große Krisen durch und ist ein eingespieltes Team. Bei uns, der "Generation Y", sieht das anders aus. Das Handy, die sozialen Medien, spielen in unserem Leben eine große Rolle. In den zahllosen Dating-Apps kann man sich einen Menschen wie im Katalog aussuchen. Und damit entstehen und zerbrechen Partnerschaften.
Man redet nicht mehr miteinander, man begegnet sich nicht mehr und lernt sich auch nicht mehr kennen. Man schreibt. Nervt der Partner im echten Leben, ist er mal anstrengend, findet sich schnell ein neuer. Allein sein will man ja auch irgendwie nicht. Man teilt sich das Bett, will aber trotzdem online gucken, was "der Markt" so hergibt. Damit das nicht auffällt, ist das Handy des Partners tabu. "Du musst mir halt vertrauen", heißt es lapidar. Vor allem während der Pandemie platzte auch mein Facebook-Postfach vor plumpen Anfragen fremder Menschen, die teilweise offensichtlich in einer Beziehung leben. Und es ging nicht nur mir so.
Es ist diese Beliebigkeit, diese permanente Verfügbarkeit, die toxisch ist und unglücklich macht. Die Menschen dazu bringt, echte Kommunikation und Bindung zu verlernen. Dinge, die nun einmal ausschließlich im realen Leben stattfinden. Und da Schlussmachen dummerweise echt anstrengend ist und man sich selbst nicht mit den Gefühlen des Gegenübers belasten will, macht man sogar das übers Handy. Kurz und schmerzlos. "Ich wünsche dir aber alles Gute." Danke für nichts.
Ich würde an dieser Stelle gerne an alle, die in meinem Alter sind und das Problem in diesen wenigen, nicht mal annähernd ausreichenden Zeilen wiedererkennen, einen hoffnungsvollen Ratschlag richten. Es tut mir sehr leid, ich kann es aber nicht.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.
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