07.04.2022 - 09:30 Uhr

"Wo kommst du eigentlich her?"

In der Schule, am Passamt oder auch im Urlaub: Immer wieder wurde Lucia Brunner mit Alltagsrassismus konfrontiert, obwohl sie Deutsche ist. In ihrem OTon berichtet sie von ihren Erfahrungen.

Von Geburt an hat Lucia Brunner einen Deutschen Reisepass, weil sie Deutsche und in der Oberpfalz geboren ist. Manche tun sich aber schwer, dass auf den ersten Blick zu glauben. In ihrem OTon berichtet sie, wie es ist, mit Alltagsrassismus konfrontiert zu werden. Bild: Fabian Sommer/dpa
Von Geburt an hat Lucia Brunner einen Deutschen Reisepass, weil sie Deutsche und in der Oberpfalz geboren ist. Manche tun sich aber schwer, dass auf den ersten Blick zu glauben. In ihrem OTon berichtet sie, wie es ist, mit Alltagsrassismus konfrontiert zu werden.

Ein Satz, den ich immer wieder von Verwandten oder Bekannten in meiner Kindheit zu hören bekam: "Oh, das ist aber ein rassiges Kind." Gemeint waren damit meine dunkelbraunen Haare, Augen und meine Haut, die schnell durch die Sonne gebräunt ist. Aufgrund dieser äußerlichen Merkmale glaubten auch einige, die mich nicht kannten, dass ich nicht in der Oberpfalz oder gar in Deutschland geboren sein kann. So war auch die Annahme eines Lehrers im Ski-Urlaub in der achten Klasse. "Wo kommst du her?", fragte er mich. Ich nannte ihm meinen Heimatort. "Nein, wo kommst du wirklich her?", fragte er mit Nachdruck. Zunächst verstand ich nicht, was er wollte. Ich wusste ja auch keine andere Antwort. Dann dämmerte es mir: "Ich bin in Weiden geboren und komme aus der Oberpfalz", antwortete ich. Spätestens als ich im Dialekt sprach, war die Sache klargestellt.

Aber dieser Art Schubladendenken bin ich sogar schon am Passamt begegnet. Als ich meine neuen Ausweisdokumente abholen wollte, wurde ich wieder gefragt, wo ich herkomme. Ich war verwundert, standen doch alle relevanten Daten im Pass. "Ja und wo kommen deine Eltern her?", fragten die Beamten. Energisch und genervt sagte ich ganz frei: "Aus der Oberpfalz. Beide sind in Deutschland geboren." Sie schauten mich mit großen Augen an. Erlebnisse wie diese hatte ich öfters in meinem Leben. Als Kind meinte ich sogar, dass irgendwas mit mir deshalb nicht stimmt. Aus heutiger ist das natürlich vollkommener Unsinn. Klar sind diese Nachfragen auf den ersten Blick nicht böse gemeint. Sie zeigen aber wie stark Menschen in Klischees und Stereotypen denken und Menschen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung einordnen.

Zur Verteidigung der Deutschen: Auch im Urlaub am Mittelmeer fiel es Leuten schwer zu verstehen, dass ich aus Deutschland kommen soll. In Griechenland beschimpfte mich mal eine alte Frau auf Griechisch. Mit Müh und Not versuchte ich ihr zu verdeutlichen, dass ich sie nicht verstehe. Was sie von mir wollte, weiß ich bis heute nicht. Und wer mich in Oberpfälzer Mundart sprechen hört, geht meistens eh davon aus, dass ich eigentlich aus Österreich komme. Am Flughafen in der Türkei kontrollierte der zuständige Zollbeamte kurz vor Abflug die Ausweise von meiner Mutter und mir. Mehrere Minuten hingen seine Augen an den Dokumenten. Wir wurden schon nervös, bis er sagte: „Das kann nicht sein. Mindestens Oma oder Opa müssen doch Türkisch sein.“

Hintergrund:

OTon

Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.

 
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