Oberpfalz
15.08.2024 - 06:48 Uhr

OTon: Von Urlaubsfotos und dem Erhabenen

Viele Fotos im Urlaub machen, gehört für die meisten Menschen dazu. In der Kolumne OTon macht sich Wolfgang Ruppert Gedanken darüber, ob dabei nicht etwas Wichtiges zu kurz kommt.

Im neuen OTon macht sich Redakteur Wolfgang Ruppert Gedanken über die Sinnhaftigkeit von Urlaubsfotos. Bild: wpt
Im neuen OTon macht sich Redakteur Wolfgang Ruppert Gedanken über die Sinnhaftigkeit von Urlaubsfotos.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der gefühlt jeder ständig alles fotografiert. Besonders im Urlaub ist mir das wieder aufgefallen. Menschen vor, auf oder im See. Vorm, auf - okay vielleicht nicht unbedingt hinter - dem Berg. Natürlich ist das verständlich, insbesondere mit dem Blick auf Social-Media und dem Drang, zeigen zu wollen, wo man war und was für ein fantastisches beziehungsweise schillerndes Leben man doch führt - angeblich zumindest.

Aber mich beschleicht das Gefühl, dass bei der unglaublichen Flut an Fotos von all den schönen Orten etwas Grundsätzliches zu kurz kommt. Es geht um das ergreifende Gefühl, das über einen kommt, wenn man zum Beispiel vor einem grün schimmernden See inmitten gigantischer Berge steht. Da stellt sich nämlich ein Gefühl des Erhabenen ein, gleichzeitig empfindet man aber aufgrund der schieren Größe dessen, was man sieht, eine entsetzliche Ohnmacht. Friedrich Schiller hat das Erhabene als eine Dissonanz zwischen Vernunft und Sinnlichkeit beschrieben. "Und eben in diesem Widerspruch zwischen beiden liegt der Zauber, womit es unser Gemüth ergreift."

Die Handykamera zerstört die Möglichkeit, so etwas zu erfahren. Selbst die beste Kamera mit der höchsten Auflösung ist nicht dazu imstande, das, was man beim Anblick solcher Orte fühlt und wahrnimmt, in ein Bild zu bannen. Mehr als ein dürftiges, fast schon trauriges Abbild der Realität ist nicht möglich. Und der Preis, den man für ein solches Foto, das schon zuvor unzählige Male gemacht wurde und auch in Zukunft wohl noch genauso oft von anderen Menschen geschossen werden wird, ist denkbar hoch. Das Handy, dieser kleine schwarze Block mit dem Bildschirm, schiebt sich zwischen mich und das, dessen Anblick mich aufgrund seiner Naturgewalt einmal ganz weit aus meinem Alltag herausreißen könnte und in mir zu einer Bewegung des Gemüts führen könnte, die ich zwar nicht begreifen, wohl aber fühlen kann.

Und mal ganz ehrlich: Wie oft schaut man sich denn seine Urlaubsfotos im Nachhinein tatsächlich noch mal an? Vom oben beschriebenen Gefühl dagegen kann man lange zehren. Umso mehr wundere ich mich aber auch über mich selber, wenn ich feststelle, dass ich es manchmal doch nicht lassen kann, mein Smartphone zu zücken und den Auslöser zu betätigen.

Info:

OTon

Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.

 
Kommentare

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Johann Gollwitzer

Sie sprechen mir aus der Seele. Es wird noch eines daraufgesetzt. Du gehts ins Wirtshaus, um dich zu unterhalten. Es dauert nicht lange, dann hält man dir ein Handy unter die Nase und zeigt die "tollen" Bilder, die du gar nicht sehen willst. Oh, arme ich,ich-Menschen, gefangen im Handywahn.

16.08.2024
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