Ich habe ein Problem. Und es wird hier auch nicht besser. Ich kann manchmal einfach den Mund nicht halten. Klar, ein loses Mundwerk ist oft unterhaltsam. Aber wenn ich es mal auf Betriebstemperatur geredet habe, ist kein Halten mehr. Wenn die Ware mal die Lieferanteneingänge verlassen hat, um bei dem Bild zu bleiben, denke ich mir oft: "Also, das hätte jetzt nicht sein müssen." Es ist nicht mal so, dass ich Witze auf Kosten anderer mache oder besonders peinliche Geschichten erzähle, wie zum Beispiel, als ich in München... Spaß.
Ich kann mich aber sehr gut über Dinge aufregen. Und leider oft in Situationen, in denen ich mein Gegenüber gar nicht so gut kenne. Wer weiß, wo die kleinen Lästereien landen? Manchmal auch die großen, wenn ich ehrlich bin. Über sieben Ecken kennt angeblich ja jeder jeden. Bis jetzt hatte ich noch das Glück, nicht zu sehr auf die gefallen zu sein, die ich öfter mal halten sollte. Mir ist es wirklich wichtig, mit jedem klarzukommen und das darf ich mir mit meinem Gerede nicht kaputt machen.
Und nicht nur das. Ich kann mit Genuss und Hingabe auch zum 73. Mal Probleme bis ins Detail auseinandernehmen. Nicht, weil es das unbedingt besser macht. Aber es kommt einfach aus mir heraus, alle Einzelheiten. Ob mein Publikum die hören will oder nicht. Ich glaube schon, dass es manchmal anstrengend ist, mir zuzuhören. Deshalb an alle, die das tun: Dankeschön.
Dass ich es manchmal nicht schaffe, mysteriös zu schweigen, war nicht immer so. Im Kindergarten war ich so schüchtern, im Gegensatz zu mir hatten unsere zwei weißen Hasen Charisma wie Thomas Gottschalk. Erst gegen Ende des Studiums habe ich es geschafft, den Mund aufzumachen. War wichtig, aber nun bringe ich ihn manchmal nicht mehr zu. Dass es aus mir heraussprudelt, ohne dass ich die Chance habe, noch einmal drüber nachzudenken, hat schon ein, zwei Menschen vergrault. Gut, wer meine Geschichten nicht hören will, der hat sie auch nicht verdient. Aber ein bisschen ärgere ich mich dann schon über mich selbst. Einfach mal die Klappe zu halten, erspart oft viel Ärger.
Jetzt, wo ich das geschrieben habe, denke ich mir schon wieder, das hätte vielleicht nicht sein müssen. Musste ich jetzt wirklich zugeben, dass ich auch mal lästere? Hoffentlich bin ich mit dieser Charakterschwäche gar nicht so alleine. Und den Mund gar nicht aufzukriegen, ist auch nicht so praktisch. Gerade in diesem Beruf ist es ja eher von Vorteil, sich mitteilen zu wollen.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.
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