„Die Studenten können hier niemandem weh tun“, sagt Studiendekan Professor Bernd Salzberger im studentischen Ausbildungs- und Trainingszentrum an der Uniklinik Regensburg. Seit zehn Jahren gibt es das Zentrum, in dem die Nachwuchsärzte praktische Fertigkeiten für den Klinikalltag erlernen und üben.
Zwölf menschliche Puppen, sechs Arme, zwei Pos und unzählige Hautstücke stehen den Studenten zur Verfügung. Früher wurde noch an Tierorganen aus Schlachtabfällen geübt, heute ist alles aus Kunststoff. Bei den Notfallpuppen wird es dramatisch: Sie können zum Beispiel einen Herzstillstand simulieren. Der Student muss dann möglichst schnell herausfinden, was mit dem künstlichen Patienten los ist und richtig reagieren. Rotes Kunstblut fließt in den Venen des Arms, an dem die Studenten das Blutabnehmen üben. Etliche Einstiche zeigen: Hier wurde schon oft die Nadel angelegt.
Üben an der Plastikhaut
Über ein Stück Plastikhaut gebeugt sitzt Studentin Ronja Langer. Konzentriert näht sie einen Schnitt mit einem Faden wieder zu. „Weicher“ als menschliche Haut sei die Kunsthaut, sagt sie. Dass sie hier üben kann, bevor sie einen echten Menschen näht, gebe ihr Sicherheit. In den ersten vier Semestern steht für die Medizinstudenten viel Theorie an. Erst ab dem fünften Semester üben die Studenten im Trainingszentrum. Später sammeln sie Erfahrung in der Uniklinik. Sie habe sich „total“ auf die praktischen Aufgaben gefreut, sagt Studentin Ronja Langer.
„Mir haben die Kurse im Trainingszentrum sehr geholfen“, erzählt Johannes Gludowatz, der mittlerweile im neunten Semester Medizin studiert und sein Wissen nun selbst als Tutor weitergibt. Im echten Klinikalltag habe er weniger Hemmungen gehabt, zu nähen oder Blut abzunehmen, weil er die Abläufe zuvor oft geübt habe. Die Puppen sind dabei eine große Hilfe, allerdings auch nicht immer. „Super kann man an den Puppen zum Beispiel die Wiederbelebung üben“, sagt Professor Salzberger. Die Untersuchung etwa der Knie oder der Wirbelsäule lerne man immer noch am besten am menschlichen Körper. Dafür würden sich die Studenten gegenseitig untersuchen.
Praxistest mit Schauspielern
Ein Kurs, der manche Studenten zunächst abschreckt, ist die Anamneseübung mit Schauspiel-Patienten. Dabei sitzen die Studenten speziell geschulten Schauspielern gegenüber, die vorgeben, an bestimmten Beschwerden zu leiden. Die Schauspieler schlüpfen dabei in standardisierte Rollen, erklärt Christine Fehlner, pädagogische Leitung im Trainingszentrum. Die „Patienten“ könnten durchaus mal zickig werden, schlecht Deutsch sprechen, hypochondrisch sein oder erstmal fünf Medikamentenpackungen vor den Nachwuchsärzten ausbreiten. Die Medizinstudenten müssen neben der richtigen Diagnose dann auch menschlich einen angemessenen Ton treffen. Von den Schauspielern und den Kommilitonen gibt es danach ein Feedback. „Am Ende sind die meisten Teilnehmer begeistert von dem Kurs“, sagt Tutor Gludowatz.
Heute werde von einem Arzt erwartet, dass er gute kommunikative Fähigkeiten besitzt, betont Studiendekan Salzberger. Früher sei man davon ausgegangen, dass ein Medizinstudent mit sehr guter Abiturnote das ohnehin mitbringt. Doch das stimme nicht immer. Auch das Patientengespräch müsse geübt werden.
Fortgeschrittene Studenten geben Wissen weiter
In vielen Kursen unterrichten fortgeschrittene Studenten als Tutoren die unteren Semester. Dieses Prinzip habe sich bewährt, sagt Salzberger. Es gehöre zum Medizinerleben dazu, gelerntes Wissen auch wieder weiterzugeben. 17 Prozent der Regensburger Medizinabsolventen entscheiden sich dafür, Allgemeinmediziner zu werden. Meist bleiben sie in der Region – und stellen die neue Generation der Hausärzte in der Oberpfalz und in Niederbayern.
Keine Kurse wegen Corona
Wegen des Infektionsschutzgesetzes finden die Kurse, bei denen die Studenten sich unter anderem gegenseitig untersuchen und den Corona-Abstand dadurch nicht einhalten können, aktuell nicht statt. Die Tutoren werden derzeit in der digitalen Lehre eingesetzt. Im Wintersemester sollen die Kurse wieder starten, wenn es die Entwicklung der Pandemie zulässt.
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