Sulzbach-Rosenberg
25.12.2025 - 11:51 Uhr

OTon: Liebesgeschichte im SEV

Liebe ist etwas Schönes, und ein bisschen mehr davon in der Welt kann nicht schaden, findet Redakteurin Stefanie Swann. Umso spannender, eine Romanze von Beginn an zu beobachten, wenn der Funke an einem ungewöhnlichen Ort überspringt.

Liebe ist etwas Schönes, und ein bisschen mehr davon in der Welt kann nicht schaden, findet Redakteurin Stefanie Swann. Symbolbild: Matthias Bein/dpa
Liebe ist etwas Schönes, und ein bisschen mehr davon in der Welt kann nicht schaden, findet Redakteurin Stefanie Swann.

Schienenersatzverkehr klingt nicht besonders romantisch. Trotzdem können auch in einem holprigen Bus, frühmorgens, wenn die Sonne die ersten Strahlen über die Oberpfälzer Felder schickt, Gefühle wach gerüttelt werden.

Montagmorgen: Ein Mann, Ende 20 vielleicht, sitzt schräg vor mir in einem überfüllten Bus. Er tippt auf seinem Handy. Die enorme Schriftgröße hindert mich daran, wegzuschauen. Sehr indiskret von mir und durchaus verurteilungswürdig. Er schaut sich das Foto einer Frau in einem Gruppenchat ein paar Minuten lang an. Dann geht er auf ihr Profil und beginnt, ihr eine private Nachricht zu schreiben. Moment – nochmal zurück und einen Blick auf das Bild werfen? Ist sie es wirklich? Ja, es ist die richtige. "Hey" Kurzes Zögern, Lachsmiley, Peace-Zeichen. "Du hockst vor mir." Lachsmiley. Der Daumen schwebt über dem grünen Senden-Pfeil. Moment, noch nicht. Er bessert aus. "Du sitzt vor mir." Und senden. Schnell das Handy in die Hosentasche stecken, aus dem Fenster schauen und grübeln. War es zu viel, zu wenig, zu forsch, zu unkreativ, zu viele Smileys? Hätte er überhaupt schreiben sollen?

Ping. Der erlösende Ton. Nervös holt er das Handy aus der Tasche. Die blonde Frau weit vorne im Bus hat geschrieben: "Hey, hock ma uns später mal zusammen und quatschen." Ein Lächeln huscht über sein sonst angespanntes Gesicht. Wieder schweben die Finger über der Tastatur. Was soll er schreiben? "Ja, morgen hab ich frei, zum Glück, scheiß Arbeit." Ob es eine gute Taktik ist, sie damit von ihm zu überzeugen, sei dahingestellt. Viel nörgeln ist unattraktiv.

Doch wahrscheinlich fühlt sich in ihm nun alles leichter an. Vielleicht kommt ein leichtes Kribbeln auf. Frische Liebe ist schön und verwirrend. Mag sie ihn? Wird er sie wirklich mögen? Hat sie einen Freund? Wie fragt er, ohne dass es zu offensichtlich ist? Gedanken voller wenn und aber. Es wird ein kleiner gedanklicher Ausflug in die Zukunft unternommen. Dann aber sofort unterbunden, schließlich haben sie noch nie 1:1 geredet.

Angekommen am Bahnhof in Sulzbach-Rosenberg: Die Sonne ist mittlerweile aufgegangen. Er steigt aus, und wartet auf sie. Sie reden kurz. Was sie sagen, höre ich nicht. Ab hier lasse ich ihnen ihre Privatsphäre.

Irgendwann kommt die Ernüchterung, nur vielleicht und nicht bei allen. Aber manchmal. Vielleicht sagen die beiden aus dem Bus dann trotzdem: "Wenigstens das Träumen war schön."

 
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