OTon: Eine künstliche Kolumne

Weiden in der Oberpfalz
16.02.2023 - 09:37 Uhr

Kann KI (Künstliche Intelligenz) Kolumne? Und müssen Journalisten bald Angst haben um ihre Jobs? Ein Selbstversuch mit dem Chatbot "Chat GPT".

Künstliche Intelligenz, die Glückwunschkarten, Gedichte oder Sachtexte schreibt - und dabei verblüffend menschlich klingt. Mit dem Chatbot kann man sich im Internet nicht nur unterhalten. Er verfasst mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) auf Kommando auch Aufsätze, Gedichte, Briefe und alle möglichen anderen Texte.

Journalisten haben seit einigen Wochen vermehrt Angst um ihre Jobs – wegen einer künstlichen Intelligenz mit dem Namen "ChatGPT". Schnell hat sich herumgesprochen, dass der Chatbot Texte übersetzen, Drehbücher, Mails, Gedichte, Bewerbungen, Referate schreiben kann – und eben auch Meldungen oder Portraits. Das "GPT" steht für "Generative Pretraining Transformer": Der Wissensschatz des Bots kommt von unzähligen Texten, reicht aber nur bis ins Jahr 2021. In der Welt von ChatGPT ist also die Ukraine noch nicht von Russland überfallen worden und die Queen erfreut sich bester Gesundheit.

Trotz der offensichtlichen Wissenslücke ist das einen Selbstversuch wert: "Schreib mir eine Glosse, wie mir als Redakteurin kein Thema für die Kolumne einfällt und ich deshalb ChatGPT befrage. Schlage einige gute Themen für eine Kolumne für junge Leute in einer Tageszeitung vor. Witzle darüber, dass Journalisten Angst haben, dass die künstliche Intelligenz sie irgendwann komplett ersetzen wird. Schließe mit einer Selbstreferenz."

ChatGPT beweist: Kolumne kann er. Außerdem erkennt er relevante Themen für junge Leute – und ist bei alledem äußerst höflich. Er schlägt vor: "Wie wäre es mit dem Einfluss von Social Media auf die Jugend? Oder mit der Zukunft der Arbeitswelt und der Auswirkungen der Digitalisierung auf die Karrierechancen junger Menschen?" So weit, so gut. Dass die Künstliche Intelligenz aber – nach den Witzen über eine drohende Arbeitslosigkeit für Journalisten – tatsächlich mit einer Selbstreferenz schließt, über die ich schmunzeln muss, verursacht zugegebenermaßen schon ein bisschen mehr Bauchweh: "Aber für den Moment bin ich froh, ChatGPT als wertvollen Berater an meiner Seite zu haben. Ich werde also seinen Vorschlägen folgen und meine Kolumne über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Karrierechancen junger Menschen schreiben. Und wer weiß, vielleicht wird diese Kolumne sogar von ChatGPT selbst verfasst – aber das ist eine andere Geschichte."

Weil der Bot – trotz des gelungenen Schlusssatzes – auf keinen Fall das letzte Wort haben soll und es der Redakteurs-Seele, die um ihren Beruf bangt, ganz gut tut, hier noch eine schnelle Aufzählung von Schwachstellen des Bots: Zum Teil kommen verdrehte Fakten daher, als wären sie nichts als die Wahrheit. Künstliche Intelligenz kann Fake News verbreiten, generieren – und präsentiert Falschnachrichten mit einem Selbstbewusstsein, das für mindestens zehn Redakteure reichen würde. Aber sicherlich weiß die KI auch am besten, wie man die Gefahren, die von ihr selbst als Fake-News-Schleuder ausgehen, am besten eindämmen kann. Das frage ich den Chatbot dann einfach beim nächsten Mal.

OTon02.02.2023
 
 

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