Immerhin die Vorsilbe "Ober-" haben die Oberpfalz und Oberbayern gemeinsam. So etwas in die Richtung habe ich mir gedacht, als ich vor gut vier Monaten für mein Volontariat nach Weiden gezogen bin. Die 40 000-Einwohner-Stadt liegt knapp 180 Kilometer von meiner Heimat entfernt. Zuhause, das ist für mich Oberbayern, genauer gesagt Ingolstadt. Im Gegensatz zu Weiden ist Ingolstadt mit knapp 140 000 Einwohnern schon eine echte Metropole.
Kurz nach meinem Umzug unterhalte ich mich an der Supermarktkasse mit einer Kassiererin. Nach nur zwei Sätzen fragt sie lachend: "Na, Sie sind ursprünglich aber nicht von hier, oder?" Ein paar Wochen später auf einem Pressetermin dasselbe. Wieder werde ich gefragt, wo ich denn herkomme, weil ich ja offensichtlich nicht aus der Oberpfalz stamme. Die Anwesenden erklären mir, dass mein Hochdeutsch mich verraten hat. Dialektfrei spricht in der Oberpfalz niemand, meinen sie. Tatsächlich ist mir bis dato auch schon aufgefallen, dass der Oberpfälzer Dialekt stark ausgeprägt ist. Das Oberpfälzer Bellen sorgt immer noch dafür, dass ich regelmäßig überlegen muss, was mein Gegenüber gerade gesagt hat. In Ingolstadt bin ich mit meinem Hochdeutsch nie aufgefallen, die Mehrheit der Leute spricht dort ohne Dialekt.
Als ein Kollege erzählt, dass am Wochenende bei ihm im Dorf "Kirwa" ist, stehe ich mal wieder vor einem Verständnisproblem. Kirwa, was soll das denn sein? Mein Kollege redet weiter und freut sich darüber, dass er die Tage danach frei hat, um sich vom Feiern zu erholen. Langsam beginne ich zu verstehen. Kirwa, das muss sowas wie die Wiesn sein.
Doch neben der Kirwa habe ich in der Oberpfalz schon einiges mehr erlebt. Denn das nahe gelegene Tschechien bietet sich perfekt für einen Kurztrip an und im Oberpfälzer sowie im Bayerischen Wald kann man in tollem Panorama wandern. Die Tradition des Zoigls nicht zu vergessen. Dass ich beim Wort "Zoigl" erstmal nur Bahnhof verstanden habe, muss ich an dieser Stelle wohl nicht erwähnen.
Und noch eins fällt mir auf. Zwar ist ein Auto bei den größeren Distanzen in der Oberpfalz nützlich, aber die Straßen und vor allem die Autobahn sind für mein Empfinden leer. Auf der A93 hinter Regensburg ist kaum noch Verkehr: ein Träumchen. Von der dreispurigen, immer vollen A9 bin ich das nicht gewohnt.
Für mich haben die Oberpfalz und Oberbayern nicht mehr nur die Vorsilbe gemeinsam. Beide Teile Bayerns sind für mich ein Zuhause geworden. Mal kann ich auf die Wiesn gehen und dort auf Hochdeutsch eine Maß bestellen. Ein anderes Mal über die leere Autobahn in Richtung des Oberpfälzer Walds zum Wandern düsen.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.
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