Tirschenreuth
23.05.2018 - 12:04 Uhr

Gesprächskreis mit Ehrenamtlichen bei der Flüchtlingsarbeit: "Man hilft, wo man kann"

Die Arbeit mit Geflüchteten ist belastend. "Man muss den nötigen Abstand gewinnen", empfiehlt Diakon Reiner Fleischmann bei einem Informations- und Gesprächsabend mit den Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit.

Jede Hilfe sei ein Tropfen auf den heißen Stein, lautete die Erkenntnis der Gesprächsrunde beim Caritasverband in Tirschenreuth. Bild: wro
Jede Hilfe sei ein Tropfen auf den heißen Stein, lautete die Erkenntnis der Gesprächsrunde beim Caritasverband in Tirschenreuth. Bild: wro

Die Diskussion im Gruppenraum des Caritasverbandes führte Reiner Fleischmann, Leiter der Krisenpastoralstelle des Bistums Regensburg. Der Termin sollte dazu beitragen, persönliche Gefühle zu sortieren, um das bisher Erlebte verarbeiten zu können. Gekommen waren rund 20 Teilnehmer, die sich in der Flüchtlingsbetreuung engagieren.

Immer wieder sei man gefordert, auf neue Situationen einzugehen, erklärte Fleischmann. Belastend sei, wenn Geflüchtete von zu Hause erzählen oder Bilder aus den Krisengebieten zeigen. Der Experte - auch auf dem Gebiet der psychologischen Einsatznachsorge und Krisenintervention - betonte: "Die Arbeit mit Geflüchteten ist kein Sprint, den man schnell angehen und rasch zum Ziel bringen kann. Die Aufgaben müssen eher mit einem Marathon verglichen werden. "

"Sitzen sie gut? Nehmen Sie Bodenkontakt auf", empfahl Fleischmann, den Abend entspannt mitzugestalten und vom Erlebten in den einzelnen Orten zu erzählen. Interessiert lauschte auch Stadtpfarrer Georg Flierl den folgenden 120 Minuten.

Der "Fahrraddoktor"

Als Vertreterin des Caritasverbands begrüßt Maria Staufer die Gäste, die danach reihum von den Begegnungen mit den von ihnen betreuten Mitmenschen erzählen sollten. "Man hilft, wo man kann", lautete das knappe Fazit der Teilnehmer. Die Aufgaben seien sehr vielfältig. Dazu gehören unter anderem die Wohnungs- und Möbelsuche.

Unterstützung leiste man auch bei Gesprächen mit Arbeitgebern. Sehr zeitaufwendig seien manche Arztbesuche: "Vor allem beim gemeinsamen Termin mehrköpfiger Familien ist das so. Besonders wenn kein Dolmetscher dabei ist." Da könne sich der Aufenthalt im Wartezimmer schon mal hinziehen, bedauerte ein Teilnehmer.

"Ich wurde vom BRK angesaugt", erinnert sich der Wiesauer Ewald Oppl an die persönlichen Anfänge in der ehemaligen Notunterkunft in seiner Heimatgemeinde. Heute betätigt er sich auch als "Fahrraddoktor": Nach der Auflösung der Notunterkunft wurden Räder gebraucht. "Jetzt bin ich der Reparaturdienst für die fahrbaren Untersätze im Ort." Er helfe gerne, wenn Not am Mann sei.

Die mangelnden Deutschkenntnisse vieler geflüchteten sprach Wilhelm Brüntrup an. In Leugas ansässig, gehört ihm ein Pferdehof. Oft war das ländliche Anwesen Ziel der Flüchtlingskinder, erinnert er sich. Bei ihm daheim habe man gemeinsam mit den Mädchen und Buben Zahlen geübt. "Die jungen Leute fanden Spaß daran", erklärte er mit dem Verweis auf geschlossene Freundschaften. Aber man müsse eine gewisse Distanz gewinnen. "Sonst wird's schwierig." Wie er hat sich auch seine Frau Monika der Flüchtlingsbetreuung angenommen. Sie erzählte ebenso von ihren Erfahrungen.

"Die Anfänge waren mühsam", war an anderer Stelle zu hören. "Was einen beängstigt, ist die Tatsache, wie nahe man zusammenrückt." Reiner Fleischmann, der sich danach in die Runde wieder einbrachte, empfahl eine "professionelle Nähe". Es sei nicht leicht, die Distanz zu bewahren, das wisse er aus seinen persönlichen Erfahrungen. "Jeder Mensch trägt einen Rucksack auf seinem Rücken." Fleischmann ergänzt: "Das ist das eigene Leben". So umschrieb er die Belastungen des Alltags. Vieles sei leicht ausgesprochen, in der Praxis aber oft nur sehr schwer durchzuführen.

 
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