In einer Regierungserklärung vor dem Landtag kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine baldige Reise an den arabischen Golf an, um dort "neue Energiereserven für Bayern zu erschließen". Damit soll die Abhängigkeit von russischen Öl- und Gaslieferungen reduziert und mittelfristig auf die hohen Energiepreise reagiert werden. Zudem soll der Ausbau erneuerbarer Energien forciert und die Wasserstoffstrategie ausgebaut werden.
Zur schnellen Entlastung der Bürger von Energiekosten forderte Söder vom Bund unter anderem die befristete Absenkung des Benzin- und Dieselpreises um 50 Cent je Liter durch Steuersenkungen. "Wir müssen aufpassen, dass der Spritpreis nicht zur Armutsfalle wird", sagte Söder.
Atomkraftwerke länger betreiben
Konkret sprach sich Söder für die vorübergehende Verlängerung der Laufzeiten von Atom- und Kohlekraftwerken aus. Bis klar sei, wann es den "energiepolitischen Independence Day von Russland" geben könne, dürfe nicht abgeschaltet werden, was noch laufe. "Verlängern ist vernünftig, abschalten ist ideologisch", sagte Söder.
Beim Ausbau regenerativer Energien sah er vor allem bei Photovoltaik, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie noch große Potenziale in Bayern. Hier müsse die Bundesregierung Genehmigungsverfahren erleichtern und die Wirtschaftlichkeit verbessern. Bei der Windkraft will Söder an der 10H-Abstandsregel festhalten, aber dennoch "500 plus X" neue Anlagen im Freistaat installieren. Wie dies gelingen könnte, soll in der kommenden Woche bei einem "Windgipfel" erörtert werden.
Söder lehnt "Frieren für den Frieden" ab
Einen sofortigen Ausstieg aus den russischen Energielieferungen lehnte Söder ab. Er habe für eine derartige Verschärfung der Sanktionen zwar eine "emotionale Sympathie", doch dürfe man die Folgen für die Wirtschaft und die Bürger in Bayern nicht außer Acht lassen.
"Ich bin für eine Unterstützung der Menschen in der Ukraine, aber ich bin auch verantwortlich für die soziale Lage und die Arbeitsplätze in Bayern", betonte Söder. "Frieren für den Frieden" sei kein belastbares Konzept für den Wirtschaftsstandort Bayern. Den in den Freistaat geflüchteten Ukrainern sagte Söder umfassende Hilfe zu. Allerdings müsse auch der Bund seinen finanziellen und koordinativen Verpflichtungen nachkommen.
Grüne: Söders Atom-Plan technisch nicht umsetzbar
Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze nannte die Ausführungen Söders "unterkomplex" und in Teilen realitätsfern. Mit der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken lasse sich die Energieabhängigkeit von russischem Gas und Öl nicht beenden, zumal sich dies technisch wegen fehlender Brennstäbe nicht umsetzen lasse. "Das zu fordern, ist Sand in die Augen streuen und hat nichts mit seriöser Energiepolitik zu tun", urteilte Schulze.
Zielführender sei es, die erneuerbaren Energien rasch auszubauen, Einsparpotenziale zu nutzen und für einen effizienteren Energieeinsatz zu sorgen. Die notwendige Entlastung der Bürger dürfe nicht teuer mit der Gießkanne erfolgen, sondern müsse gezielt für Bedürftige erfolgen. Bei der Hilfe für Geflüchtete dürfe Söder nicht nur nach Berlin zeigen, auch Bayern sei gefordert, sich finanziell zu engagieren und die Maßnahmen auf Landesebene zu koordinieren.
SPD: Als reiches Land vorangehen
Nach Einschätzung von Gerd Mannes (AfD) zeigten die Folgen des "sinnlosen Kriegs" in der Ukraine schonungslos die Defizite bayerischer Regierungspolitik auf. Mannes begrüßte, dass Söder in seiner Rede zahlreiche Positionen der AfD übernommen habe, wie eine bessere Ausstattung der Bundeswehr, eine von Importen unabhängigere Lebensmittel- und Energieversorgung, die deutliche Absenkung von Energiesteuern und die weitere Nutzung von Atom- und Kohlestrom.
SPD-Fraktionschef Florian von Brunn erklärte, Bayern müsse als reiches Land bei der Hilfe für Geflüchtete vorangehen. "Das ist unsere humanitäre Pflicht", sagte er. Ansonsten warf er Söder vor, sich in Fundamentalopposition gegen die Bundesregierung zu ergehen. Dies sei der Versuch, vor allem in der Energiepolitik von eigenen Versäumnissen abzulenken. "Bei den erneuerbaren Energien ist der Freistaat nur ein Scheinriese", meinte von Brunn.
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