Björn S. scheint es ein großes Anliegen zu sein, Position zu beziehen zu der allgemeinen Aufregung um die vier jungen Asylbewerber, die vor Silvester prügelnd durch einen Teil der Amberger Innenstadt zogen. "Es kann ja nicht angehen", so lässt er die Redaktion wissen, dass die Stadt und die Region noch vor wenigen Wochen "zu Recht" als "eine der sichersten in Deutschland" beschrieben werden und auf einmal "rechte Bürgerwehren" glaubten, durch Amberg patrouillieren zu müssen.
"Bleibt mal locker"
S. wörtlich: "Ich fahre wirklich zu jeder Tag- und Nachtzeit mit dem Fahrrad durch die Stadt zur Arbeit und habe wirklich nie das Gefühl, bedroht zu sein. Ich erlaube auch jederzeit meiner 16-jährigen Tochter, im Rahmen der gesetzlichen Ausgehzeiten (bis 0 Uhr) in der Stadt unterwegs zu sein. Also bleibt mal alle locker und versucht (...) freundlich und respektvoll miteinander umzugehen."
Björn S. warnt vor Stimmungsmache gegen junge Flüchtlinge: "Zu diesem einen Fall von betrunkenen Jugendlichen kann ich das Zehnfache an Situationen beschreiben, in welchen sich Jugendliche mit Migrationshintergrund zuvorkommend und hilfsbereit gezeigt haben." So hätten sie älteren Menschen in den Zug oder Bus geholfen oder Kinderwagen aus dem Omnibus getragen.
Bürgerwehr unnötig
Wer sich über betrunkene und schlägernde Jugendliche aufregen will, merkt S. schließlich an, könne ja mal zu später Stunde auf einer der vielen regionalen Kirwan vorbeischauen. "Aber auch da brauchen wir keine Bürgerwehr. Zu 90 Prozent wird das so geregelt wie es schon immer war."
Leser Bernd W. macht es kurz, tut seine Haltung aber unmissverständlich kund: "Ich werde nun keine Bürgerwehr gründen. Ich werde die Ausfälle der ,Schutzbedürftigen' sorgfältig archivieren und kurz vor der Europawahl kommunizieren. Ich denke, das ist viel wirkungsvoller und zielführender." Und Erwin N. schreibt: "Ein Lob der Amberger Zeitung, die nicht nur die Worte des Oberbürgermeisters (hätte ich so nur von Trump erwartet) zitiert, sondern auch der konträren Position der AfD Raum gegeben hat."
"Ich bin eine gebürtige Ambergerin um die 40, Deutsche. Seit Generationen. Nachvollziehbar." Mit diesen Worten beginnt eine weitere Mail, die die Redaktion erreicht hat. Sie habe dunkle Augen und dunkle Haare, "welche ich mir später färbte", erzählt die Frau. Noch als sie klein war, habe man ihr gesagt, sie solle dahin zurückgehen, wo sie herkomme. Manche Kinder hätten mir ihr damals nicht spielen wollen.
Weitere Erinnerungen: "In den 90ern lief ich eine Zeit lang mit einem kleinen Messer in der Tasche durch die Stadt. Aus Angst. Vor den Skinheads in der Stadt. In dieser Zeit wurde auch mal der Dreifaltigkeitsfriedhof beschädigt. Auch unser Familiengrab. Irgendwann konnte ich nicht mehr alleine ins Happy Rock wegen den dauernden Streitigkeiten zwischen Amerikanern und Russen. Gewisse Stadtviertel mied man in Amberg als Frau alleine sowieso."
Mittlerweile, gewährt die Leserin weitere Einblicke in Privates, sei sie mit einem Ausländer verheiratet und überlege, auszuwandern. Denn ihr Fazit laute: "Amberg hat schon immer ein Gewaltproblem, seit ich denken kann." Was da um den Jahreswechsel geschehen ist, sei grauenvoll, und "die Täter müssen bestraft werden". Gleichzeitig mahnt die Frau: "Aber vergesst nicht: Es waren Jungs zwischen 17 und 19. Sie haben nie etwas anderes erlebt als Krieg und Terror und sind bestimmt psychisch geschädigt."
Amberg immer Heimat
Am Ende kommen der Frau folgende Gedanken in den Sinn: "Wie würdet Ihr reagieren, liebe deutsche Amberger, wenn die Schlagzeile lauten würde: Hans, Sebastian, Andreas und Georg (17-19): Nach lebenslanger Gewalt in ihrer Heimat rasteten die Jugendlichen unter Alkoholeinfluss aus und schlugen Passanten. Eine psychische Krankheit aufgrund der bisherigen Lebensbedingungen wird nicht ausgeschlossen." Die Leserin beendet ihre Zuschrift mit diesen zwei Sätzen: "Alles Gute, liebes Amberg. Du wirst immer meine Heimat bleiben."
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