Von Marielouise Scharf
Amberg. Der Krieg ist vorbei, die Menschen atmen wieder auf. Deutschland wird Fußball-Weltmeister, Elvis Presley begeistert hysterische Fans, die Pille fördertdie Emanzipation der Frauen, die Rebellion der studentischen Jugend geht unter der Chiffre "68er" in die Geschichtsbücher ein. Die Schlaglichter der 50er- und 60er Jahren sind keineswegs so paradiesisch wie die Schlager der Zeit es vorgaukeln.
Es ist der letzte Abend der Sommerfestivalreihe. Alle Stühle sind besetzt, das Wetter wieder großartig und die Stimmung im Publikum richtig gut. Conny (Andrea Graf) tänzelt mit Pferdeschwanz im sommerlichen Petticoatkleid auf die Bühne. Die drei Sonntagsfahrer Rainer Heindl als Peter (Gitarre), Thomas Stoiber als Alexander (Akkordeon), Steffen Zünkeler als Freddy (Kontrabass) haben sich in helle Bundfaltenhosen nach traditioneller Schneiderkunst geworfen. Auf die damals sehr beliebten Perlonhemden verzichten sie, aber Krawatte muss sein.
„Wir entführen sie in die Zeit der beschwingten, romantischen Melodien“ versprechen sie und zaubern gleich das „Paradiso unterm Sternenzelt“ in den Innenhof der Stadtbibliothek. Natürlich geht es um die Liebe am blauen Meer und Palmenstrand. Dazu gesellen sich noch „Mandolinen und Mondschein“, ein Gondoliere in Venezia und die verführerische südliche Nacht. Im Publikum wird geschmunzelt und auch mitgesummt. Auf der Bühne geht’s aber flott weiter mit dem Valente-Schlager „Wo meine Sonne scheint“, um schließlich in der Erinnerung zu schwelgen „Mit 17 träumt man noch vom großen Glück!“ Gut abgestimmt aufeinander, stimmlich der Zeit angepasst und mit informativen und lockeren Texten gefallen die Vier im Rampenlicht richtig gut.
Ein eingespieltes Tanzpaar aus dem Publikum erobert das Parkett im Innern der Bücherei. Man holt sich Getränke und freut sich über „Lady Sunshine & Mister Moon“, jenem so erfolgreichen Lied der Schlagerikone Conny Froboess. Auch die „Zwei kleine(n) Italiener“ fehlen nicht bei der Nostalgie-Schlager- Revue. Immerhin erreichte dieser Titel den sechsten Platz beim "Grand Prix Eurovision de la Chanson Européenne" 1962 in Luxemburg.
Auf dem ersten Rang der deutschen Hitparade behauptete sich Freddy Quinn ganze 14 Wochen lang mit seiner „Gitarre und das Meer“. Eine Besucherin flüstert zum Sitznachbarn: „Des ham mia als Schallplatte ghabt“. Schließlich erfährt man noch Interessantes vom „Fräulein Vera“. Sie hat seit'm Jänner an Verehrer mit einem lieben, kleinen süßen Goggomobil. Unlängst wärn's bald z'sammkehrt worden von am Straßenkehrer, doch im letzten Augenblick sieht er: Des is a Automobil! Unübertrefflich wenn man sich noch an das Goggomobil erinnern kann – unverwelkt auch dieser Abend mit beinahe taufrischen 50er und 60er Schlagerblüten.
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