Von Marielouise Scharf
Amberg. Stefan Kügel mit seinen Söhnen Benjamin und Nando Seeberger liefern mit ihrem Puppen-, Schauspiel und Songprogramm eine Punktlandung im vollbesetzten Innenhof der Stadtbibliothek in Amberg und in den Herzen des Publikums.
Eine fränkische Viecherei mit saustarken Songs vom Hausautor Helmut Haberkamm wird von den Veranstaltern versprochen. Geboten wird aber viel mehr: eine Reise voll Poesie und Fantasie durch eine bedrohliche Welt mit einem versöhnlichen Ende. Begleiter sind einmal drei „frängische“ Figuren aus dem richtigen Leben: der Punk, der Obdachlose und der verschuldete Häuschenbesitzer. Sie sind völlig am Boden und fertig mit der Welt.
Und auf der anderen Seite sind da die ausgemusterten Tiere: Esel, Hund, Katze, Hahn, die man aus dem bekannten Grimms Märchen kennt. Nur dass die drei „kobberneggischen“ (laut Miniwörterbuch Übersetzung für Nichtfranken: eigenartig, merkwürdig) Gestalten und ihre vier bemitleidenswerten Tier-Kameraden nicht nach Bremen ziehen, sondern nach Bamberg, um Stadtmusikanten zu werden. Sie sind überzeugt: Etwas Besseres als den Tod finden sie überall“. Mit dem aufmunternden Wahlspruch "Hobb eddz auf die Mobbeds" starten sie ihre spannende und lustige Wanderung.
Gesprochen und gesungen wird selbstverständlich Fränkisch. Hits von den Beatles ("Yesterday", "Help"), von Simon & Garfunkel oder Leonard Cohens "Halleluja" sind passend auffrisiert und in Mundart umetikettiert. Aus Queens "We Are the Champions" wird folgerichtig - Mir sinn die Größdn. Die Musik schrieb Dietmar Staskowiak, der auch Regie führt.
Gespielt wird vor brauner Bretterwand und blauer Bank mit Klappmaulpuppen (Frauke Lehmann Hössle), die ihr Elend ganz mitleidheischend zur Schau tragen: Der Esel grollt, der Hund seufzt, die Katze mümmelt altjüngferlich und der Hahn gackert hysterisch. Mensch und Tier werden irgendwie Eins.
Die Charaktere verschmelzen, nehmen neue Gestalt an, orientieren sich auch schon mal an bekannten Namen und erinnern in Spiel, Gestik und Sprache an Stars wie Elke Sommer, Marcel Reich- Ranicki und sein literarisches Quartett oder Fernandel als Don Camillo. Wenn der Bischof im flatternden Kirchenrock nach Elvis Presleys "Jailhouse Rock" tanzt und das Fräulein Marie dem Gockel an den Kragen will, dann wischt sich das Publikum die Lachtränen aus dem Gesicht.
Die Tiere geben den drei Gestrandeten Erwin, Konni und Hannes Hoffnung. Sie ergeben sich nicht einfach dem Schicksal. Sie tun was. Am Ende ist es ganz egal ob sie in Bremen, Bamberg oder Amberg landen. Sie sind wie verwandelt und singen aus vollem Herzen: "Mir sinn die Größdn!" .
Amberg
01.08.2018 - 14:54 Uhr
"Mir sinn die Größdn"

Es sind die kleinen, feinen Miniaturen, die sogenannte „Kleinkunst“, die die Sommerfestivalreihe so großartig machen und für ausverkaufte Abende sorgt. Der Auftritt der Franken mit ihrer fränkisch- poetischen Version der Bremer Stadtmusikanten war ein Musterbeispiel für einzigartiges Live-Theater.
Wolfgang Steinbacher
Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Meistgelesene Artikel

E-Mail eingeben
Sie sind bereits eingeloggt.
Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.