Meinung: Der apokalyptische Mahner gegen den Magier von der Ostsee

Bayern
06.09.2022 - 16:59 Uhr
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Mit seinen Visionen vom Winter gibt Söder den apokalyptischen Mahner. Söder hat aber auch ein Interesse daran, den Magier von der Ostsee, also Robert Habeck, zu entzaubern – kommentiert Jürgen Umlauft.

Kommentar von Jürgen Umlauft
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen - links), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern auf einer Pressekonferenz.

Was die Energieversorgung im Winter angeht, malt Ministerpräsident Markus Söder ein düsteres Untergangsszenario an die Wand. Schuld daran ist aus seiner Sicht vor allem einer: Robert Habeck. Der Wirtschaftsminister von den Grünen ist nach Söders Lesart gerade dabei, dem Land mit seinem Handeln schweren Schaden zuzufügen.

Mit seinen Visionen vom Winter gibt Söder den apokalyptischen Mahner. Wie realitätsnah diese sind, weiß niemand. Schließlich lassen sich aus dem Stresstest zur Versorgungssicherheit beim Strom auch gute Argumente für Habecks Entscheidung gegen den Streckbetrieb bei den Atomkraftwerken finden. Dazu kommt, dass Söder auch in Krisen gerne machtpolitisch denkt. Es ist deshalb keine verwegene Vermutung, dass er sich Habeck für seine Attacken bewusst ausgesucht hat und nicht zum Beispiel den überwiegend stummen Kanzler.

In einem Jahr ist Landtagswahl in Bayern. Für Söder ergibt es politisch Sinn, den nach Umfragen aktuell beliebtesten Politiker von der aktuell größten Konkurrenz gezielt anzugreifen. Denn Habecks Popularität zieht auch die bayerischen Grünen nach oben. Söder hat also ein Interesse daran, den Magier von der Ostsee zu entzaubern. Parteipolitisch ist das nachvollziehbar. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt aber könnte es sich als brandgefährlich erweisen, bei aller zulässigen Kritik einen bislang untadeligen Minister mitten in einer womöglich historischen Krise aus eigenem Machtkalkül heraus sturmreif schießen zu wollen.

München06.09.2022
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Kommentare

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Martin Pfeifer

Das populistische Auftreten von Herrn Söder dient auch zum Verdecken der eigenen Fehler. Ausbau der Windkraft in Bayern? Nicht populär, weil anscheinend jeder Bürger etwas gegen ein Windrad hat, das er auch nur irgendwo am Horizont sieht. Also wird alles so geregelt, das gar niemand auf die Idee kommt, auch nur über ein Windrad nachzudenken. Wozu diese Haltung führt, hat der Gemeinderat Schmidmühlen vor kurzem eindringlich bewiesen.

Wenn in Bayern schon keine Windkraftanlagen gebaut werden, dann könnte man ja die Windkraft wenigstens aus Norddeutschland beziehen. Auch Hochspannungsleitungen sind nach Meinung der Verantwortlichen in München nicht der eigenen Popularität dienlich. Also werden sie nach Kräften behindert. Unter anderem mit solch dämlichen Argumenten wie "die dienen ja nur dazu, den Windstrom aus Norddeutschland nach Österreich zu verkaufen". Das mag so lange stimmen, wie in Bayern Strom aus fossiler Energie - allem voran russisches Gas - in nahezu beliebigen Mengen erzeugt werden kann. Aber was ist, wenn das eines Tages mal nicht der Fall sein sollte? Daran hat wohl kein Politiker gedacht. Das ganze Land wird mit großflächigen Solar-Anlagen überzogen. Von der zur Verfügung stehenden Leistung her mag das den Bedarf in Bayern abdecken. Aber halt nur, wenn die Sonne scheint. Also im Supper-Sommer 2022 zumindest von Juni bis August 2022 tagsüber, aber nicht in der Nacht. Da ist es auch an den längsten Sommertagen stundenlang dunkel. Und im Winter reicht das erst recht nicht. Windkraft als weiteres Standbein wäre eine gute Ergänzung, aber die ist ja politisch nicht gewollt.

Dumm wenn Bayern beim Erdgas vom Speicher Haidach bei Salzburg abhängig ist, der halt nicht in Deutschland liegt, sondern in Österreich. So macht man Black-Outs. Nicht nur einen politischen.

10.09.2022