Massenschlägerei in München, fliegende Sitzteile beim Relegationsspiel zwischen dem TSV 1860 und Jahn Regensburg oder rechtsradikale Ausschreitungen in ostdeutschen Stadien: Gewaltbereite Rowdies sind alltägliche Begleiterscheinung des lukrativsten Sports auf Erden.
Wer König Fußball weniger ins Herz geschlossen hat, stellt da die Kostenfrage: Warum muss die Allgemeinheit für teure Polizeieinsätze bei der schönsten Nebensache der Welt aufkommen? Der Stadtstaat Bremen klagte deshalb auf Beteiligung der Vereine an den Kosten. Auch die Polizeigewerkschaft schließt sich dieser Forderung an: "Wenn Ihr Auto abgeschleppt wird, bekommen Sie von der Polizei auch eine Rechnung über die Personalkosten der Polizei.", erklärt Bayerns GdP-Chef Rainer Nachtigall. Dagegen sprechen sich die betroffenen Vereine aus. Und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann betont: "Bremen ist mit dieser Haltung völlig alleine." Ansonsten müsse man auch die Betreiber der Festzelte an den Einsatzkosten während des Oktoberfestes beteiligen.
Entsprechend zurückhaltend ist das Innenministerium mit Angaben zu den Kosten: "Weil wir keine in Rechnung stellen, gibt es keine Kalkulation", lässt die Pressestelle wissen. Und verweist für Auskünfte zu Hochrisiko-Spielen auf das Polizeipräsidium Oberpfalz: "In der Saison 2018/19 gab es drei solcher Spiele", sagt Pressesprecher Albert Brück. "Betroffen waren die Heimspiele des SSV Jahn Regensburg gegen Ingolstadt, Dresden und Magdeburg."
Keine 1000 Einsatzkräfte
Über die Zahl der Einsatzkräfte will Brück aus einsatztaktischen Gründen nichts sagen. Nur so viel: "1000 Beamte wie bei Bundesligaspielen sind es hier nicht." Dazu biete die moderne Arena durch Trennung der Fanblöcke gute Voraussetzungen für die Polizei. "Natürlich gibt es immer einige Anzeigen", schränkt Brück ein. Die Delikte: "Tätowierungen mit verbotenen Symbolen, der Versuch, Pyrotechnik zu schmuggeln, vereinzelt auch Körperverletzungen." Insgesamt sei die Oberpfalz aber kein Hotspot von Fanrandalen.
Bisher nicht betroffen von möglichen rechtlichen Konsequenzen, aber durchaus von der Diskussion ist der EV Weiden - einige Fans sind nicht als Kinder von Traurigkeit bekannt. Umso mehr betont Geschäftsführer Thomas Siller, dass der Verein seit Jahren keine nennenswerten Probleme hatte: "Wir haben die Gewaltprävention verstärkt, sprechen etwa viermal im Jahr mit Vertretern der Fangruppen über Sicherheitsfragen und das Konzept der Polizei."
Das hat sich inzwischen deutlich verändert: "Während früher an die 25 Einsatzkräfte zu den vier Hochrisikospielen gegen Regensburg, Selb, Landshut und Höchstadt kamen, sind es jetzt nur noch zwei bis fünf Beamte in Zivil." Diese würden die Lage beobachten, gegebenenfalls eingreifen oder Verstärkung einfordern. Doch die etwa 20 bis 25 ehrenamtlichen Ordner hätten die Lage so gut wie immer unter Kontrolle.
Die Tatsache, dass es gewaltbereite Gruppen gebe, könne man nicht dem Sport anlasten, findet Siller. "Das ist ein gesellschaftliches Problem." Er gegen eine Kostenbeteiligung der Vereine: "Im Sinne der Gleichbehandlung müssten dann auch Demo-Veranstalter zahlen."
Kosten hypothetisch
„Die Risiko-Einstufung zu sämtlichen Partien erfolgt jeweils im Vorfeld einer Saison und wird durch die Sicherheitsträger vorgenommen“, lässt der SSV Jahn Regensburg über seine Presseabteilung mitteilen. „Wie diese ausfällt, hängt unter anderem auch von der Liga-Zusammensetzung ab.“ Für die Saison 2018/19 seien am Standort Regensburg drei Hochrisiko-Spiele, sechs Spiele mit erhöhtem Risiko und acht Spiele ohne besondere Einstufung festgelegt festgelegt worden.
„Der SSV Jahn stützt grundsätzlich die von der Deutschen Fußball-Liga vertretene Position“, heißt es weiter. „Die Frage nach möglicherweise entstehenden Kosten ist hypothetisch, weil auch für Bremen bis dato kein rechtlich abschließendes Urteil vorliegt und sich der bayerische Innenminister Joachim Herrmann in der Sache bereits klar im Sinne der DFL-Position geäußert hat.“ Ferner lägen dem SSV Jahn derzeit zum finanziellen Mehraufwand, der durch den Polizeieinsatz bei Hochrisiko-Spielen ausgelöst würde, keine verlässlichen Informationen vor.
Polizisten im Fußball-Stadion: 250.000 Einsatzstunden
Zur Anfrage der Oberpfalz-Medien zu Hochrisikospielen in der Oberpfalz verweist das bayerische Innenministerium auf das Polizeipräsidium. Zur Anfrage der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Schulze nahm das Haus im Februar 2016 ausführlich Stellung:
Wie haben sich die Einsatzzeiten von Polizeieinsatzkräften bei Fußballspielen in Bayern in der Saison 2014/2015 dargestellt ?
Die Einsatzstunden stellen sich für den Freistaat Bayern wie folgt dar: Bundesliga: 83.976, 2. Bundesliga 90.428, 3. Liga: 22.528, Regionalliga Bayern: 54.014.
Wie viele Spiele wurden oder werden davon als sog. „Hochrisikospiele“ eingestuft?
Eine allgemeingültige Definition „Hochrisikospiele“ gibt es nicht. ... die wird Lage von der Polizei für den jeweiligen Einsatz analysiert ... Aufgrund dieser Einzelfallfeststellungen liegt folgende Übersicht über Spiele mit hohem Risiko vor:
Saison 2015/2016: Bundesliga 10, 2. Bundesliga 7, 3. Liga 2, Regionalliga Bayern 13, Sonstige 2.
Wie viele Polizeieinsatzkräfte wurden bei sogenannten Hochrisikospielen eingesetzt?
Saison 2015/2016: Bundesliga 1752, 2. Bundesliga 1675, 3. Liga 357, Regionalliga Bayern 2509, Sonstige 948.
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