Es war früh am Morgen im Jahr 2006. Hilde (alle Namen in diesem Text sind geändert) saß in ihrem Auto an einer Kreuzung in Bayreuth. Die Ampel war rot. Plötzlich riss jemand die Beifahrertür auf. Ein Fremder sprang zu ihr ins Auto. Der Mann, wir nennen ihn Martin, hatte ein Messer dabei. Das alles geht aus den Unterlagen des Landgerichts Bayreuth hervor. Die Klinge des Eindringlings war größer als ihre Hand. Der Unbekannte forderte sie dazu auf, ihm Geld zu geben. 40 Euro – mehr hatte sie nicht im Geldbeutel. Martin zwang sie dazu, insgesamt 1500 Euro bei verschiedenen Banken abzuheben. Martin schuldete seinem Arbeitgeber Geld. Er hatte es geklaut und dann verzockt.
Die Situation eskalierte
Anschließend lotste Martin Hilde auf einen Parkplatz an einen abgelegenen Ort. Er beraubte und vergewaltigte sie. "Bitte tu mir nicht weh", soll Hilde laut Zeitungsberichten gefleht haben. Anschließend befahl Martin ihr, in den Kofferraum zu steigen.
Beim Schließen der Kofferraumklappe habe sie laut Urteilsschrift des Gerichts begonnen zu schreien, um sich geschlagen und habe versucht zu entkommen. Der Vergewaltiger stach viermal auf die körperlich unterlegene Frau ein. Die Verletzte habe lauter geschrien. Auch der Würgegriff hätte Hilde nicht zum Schweigen gebracht. Die Klinge habe sich durch die brutalen Stiche vom Holzgriff abgelöst. Bei der Suche nach der Klinge im Kofferraum habe Martin ein Warndreieck ertastet. Kurzerhand habe er danach gegriffen und mindestens zehnmal auf sein Opfer eingeschlagen. Hilde erlitt laut Landgericht Bayreuth einen Schädelbasisbruch und verstarb an den Folgen der Kopfverletzung und zwei Stichen im Herz- und Leberbereich. Martin habe die Leiche im Kofferraum verstaut und die Tote in einem schwer einsehbaren Gebüsch abgeladen. Er habe das Warndreieck und die wiedergefundene Klinge beim Wegfahren in den Wald geworfen. Das Auto parkte er nach Gerichtsangaben in der Innenstadt. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, habe der gelernte Schreiner das erpresste Geld an seinen Chef übergeben. Das Landgericht spricht von einem Verdeckungsmord. Martin tötete Hilde, um den Raub und Vergewaltigung zu vertuschen. Doch: "Seine DNA war aufgrund der vorangegangenen Vergewaltigung bekannt", berichtete "Der neue Tag" damals.
Martin war nämlich nicht zum ersten Mal straffällig geworden. Bis fünf Wochen vor dem Mord an Hilfe saß er im Gefängnis. Er hatte im Jahr 2001 eine ähnliche Straftat in Bamberg begangen. Laut Landgericht Bayreuth war er damals noch verheiratet und hat eine Tochter. Er hatte ein bürgerliches Leben geführt, arbeitete als Schreiner. 2001 hatte er, wie in der Urteilsschrift steht, ebenfalls seinem Arbeitgeber und seiner Frau Geld gestohlen. Martin musste eine Möglichkeit finden, es zurückzuzahlen. Daraufhin hatte er eine Krankenschwester in ihrem Auto überfallen, ihr Geld gestohlen und sie vergewaltigt. Er bedrohte die Frau mit einer Spielzeugpistole, die täuschend echt aussah.
Kurz nach der Tat wurde Martin gefasst. Die Anklage lautete laut Landgericht Bayreuth damals: Erpresserischer Menschenraub mit schwerer räuberischer Erpressung und Vergewaltigung sowie Unterschlagung in mehreren Fällen. Das Landgericht Bamberg hatte ihn zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Strafe verbüßte er bis 2006. Während seiner Haftstrafe machte Martin eine Therapie und wurde frühzeitig wegen guter Führung entlassen. „Nachdem die eingeholten Gutachten eine positive Prognose bescheinigt hatten“, setzte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bayreuth nach eigenen Angaben das letzte Drittel der Gesamtfreiheitsstrafe auf Bewährung aus. Er wollte sich nach der Haftstrafe selbstständig machen, arbeitete bei einem Subunternehmen für Möbelhäuser und hatte eine Wohnung in Bayreuth. Doch er fiel in alte Muster.
Neben der DNA am Opfer, die die Ermittler 2006 zum Täter führte, gab auch Hildes Mann einen entscheidenden Hinweis. Er war Angestellter in der Justizvollzugsanstalt, in der Martin noch fünf Wochen zuvor gesessen hatte. Der Ehemann kannte den Fall aus dem Jahr 2001, zog Parallelen und gab den Ermittelnden nach Angaben „Des neuen Tags“ einen Hinweis. Dieser führte noch am selben Tag zum Täter. Martin wurde festgenommen.
Nach der Haftstrafe: Sicherungsverwahrung
Die Anklage lautete: Martin ist schuldig im Fall der Unterschlagung, des räuberischen Angriffs, schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, sowie schwerer Vergewaltigung und des Mordes. Aufgrund der Schwere der Taten verurteilte ein Richter ihn zu lebenslanger Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung. Das bedeutet, dass er nach der verbüßten Freiheitsstrafe in eine geschlossene Einrichtung kommt. Martin bedauerte die Vorfälle vor Gericht: "Ich bin bereit, für meine Taten zu büßen, und hoffe, dass mir die Hinterbliebenen irgendwann einmal verzeihen."
Schuldfähigkeit
Ein Gutachter schätzte ihn im Fall von Hilde als "auffällig unauffällig" ein und kam zu dem Entschluss: Schuldfähig. Der Gutachter wies darauf hin, dass der Angeklagte auf eine schwierige Kindheit zurückblicke. Die emotionale Beziehung zu seiner Familie sei gestört. Die Erlebnisse aus seiner Kindheit würden die genannten Verhaltensweisen prägen. Der Verteidiger des Täters betonte: "Wer so etwas tut, muss vor sich selbst geschützt werden und die anderen vor ihm." Wie der neue Tag damals berichtete, habe Martin das Urteil mit gesenktem Kopf und ohne erkennbare äußere Regung aufgenommen.
§ 20 StGB: Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störung
"Ohne Schuld handelt", wer nicht fähig ist das Unrecht einer Straftat einzusehen, aufgrund von:
- krankhafter seelischer Störung(en)
- (zeitweiliger) tiefgreifender Bewusstseinsstörung (z. B. Alkohol-/Drogenkonsum)
- Intelligenzminderung
Infos: Bundeszentrale für politische Bildung und Bundesministerium der Justiz
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