Bayern will die Forschung zur Therapie von Corona-Erkrankungen beschleunigen. Die Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern wollen die Staatsregierung per Dringlichkeitsantrag auffordern, dafür schon in der kommenden Woche 50 Millionen Euro aus dem Corona-Sonderfonds freizugeben. Profitieren sollen die im bayerischen Biotech-Cluster zusammengefassten Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Verbunden ist damit die Hoffnung, die medizinische Bewältigung der Corona-Pandemie neben der Impfung auf eine zweite Säule zu stellen. Mit ersten Ergebnissen für neuartige Medikamente und Behandlungsmethoden wird für das erste Quartal 2021 gerechnet.
Schwere Verläufe reduzieren
Der Geschäftsführer der "BioM Biotech Cluster Development GmbH" im oberbayerischen Martinsried, Professor Horst Domdey, sieht in der Forschung eine große Chance. "Damit unsere Gesellschaft möglichst schnell wieder in den ersehnten alten Normalzustand zurückkehren kann, müsste die Entwicklung von Medikamenten und therapeutischen Verfahren die allerhöchste Priorität eingeräumt bekommen", sagte er als Gast auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von CSU und Freien Wählern. Sollte es gelingen, die Zahl schwerer Krankheitsverläufe deutlich zu reduzieren und die Sterblichkeit durch Medikamente und innovative Therapien um den Faktor 10 bis 100 zu senken, könnten Kontaktbeschränkungen weitgehend aufgehoben werden, Kultur- und Freizeiteinrichtungen ohne Auflagen öffnen und die Unternehmen wieder uneingeschränkt tätig sein.
Den großen Vorteil neuer Medikamente erkannte Domdey in der gegenüber Impfstoffen einfacheren Zulassung. Diese könnten bereits eingesetzt werden, auch wenn sie noch nicht alle Stufen der klinischen Prüfung durchlaufen hätten oder die Anwendung am Patienten mit Nebenwirkungen verbunden sei. Mit wirksamen Medikamenten wäre die Covid-Erkrankung ein "deutlich besser beherrschbares Risiko". In der bayerischen Biotech-Branche würden aktuell rund 20 entsprechende Konzepte entwickelt. Mit der in Aussicht gestellten Förderung könnte zumindest ein Teil davon verwirklicht umgesetzt werden. Bayern könne damit die Pandemie-Bekämpfung "selbst in die Hand nehmen".
Bessere Medikamente nötig
Der Chefarzt Infektiologie an der München-Klinik, Professor Clemens Wendtner, betonte, man habe seit Ausbruch der Pandemie im Januar schon deutliche Fortschritte bei der Behandlung von Patienten erzielt. Die bislang eingesetzten Medikamente eigneten sich aber nur bedingt. "Wir brauchen bessere Medikamente", betonte er. Die Forschung im bayerischen Biotech-Cluster verfolge dabei mehrere vielversprechende Ansätze. Er rechne bereits im ersten Quartal 2021 mit praxistauglichen Ergebnissen. Ein Impfstoff allein werde den "Schrecken der Pandemie nicht von heute auf morgen im Keim ersticken", warnte Wendtner.
Ein Impfstoff allein wird den Schrecken der Pandemie nicht von heute auf morgen im Keim ersticken.
CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer erklärte, man wolle die in Bayern vorhandene Spitzentechnik und Spitzenforschung im Kampf gegen Corona aktivieren. Sein Kollege von den Freien Wählern, Florian Streibl, sagte, man hoffe auf einen "Exportschlager aus dem Freistaat Bayern". Angestoßen hatte die Initiative CSU-Fraktionsgeschäftsführer Tobias Reiß, dessen Heimatlandkreis Tirschenreuth im Frühjahr erster Corona-Hotspot in Bayern gewesen war. Er richtete den Blick auch auf die Vermeidung von Spätfolgen einer Corona-Erkrankung. Bayern gebe nun den Anstoß, es müssten sich aber auch der Bund und andere Länder engagieren. Ziel sei eine bundesweite "Therapie-Allianz".
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