München
27.04.2022 - 22:00 Uhr

Debatte um Windkraft: CSU entschärft 10H-Regel

Unter Druck und nach langer Debatte hat sich die CSU zu umfangreichen Ausnahmen von der 10H-Regel für Windräder durchgerungen. Der Mindestabstand zur Wohnbebauung kann nun auf 1000 Meter sinken.

Windräder einer Windenergieanlage Symbolbild: Oliver Berg
Windräder einer Windenergieanlage

Die 10H-Abstandsregel für Windkraftanlagen wird in Bayern entschärft. Das hat die CSU-Landtagsfraktion am Mittwoch in Abstimmung mit dem Koalitionspartner Freie Wähler bei fünf Gegenstimmen beschlossen. Im Grundsatz werde an 10H festgehalten, erklärte CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer nach der Sitzung, allerdings werde es künftig "eine Reihe von Ausnahmetatbeständen" geben. Bei diesen verringere sich der Mindestabstand der Anlagen zur nächsten Wohnbebauung auf 1000 Meter.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zeigte sich "sehr froh und sehr zufrieden" über die gefundene Lösung. Man mache damit bei der Windkraft einen "großen Satz nach vorne". Er rechne mit bayernweit rund 800 neuen Anlagen.

Gleichmäßige regionale Verteilung

Nach dem Beschluss, den der Landtag über eine Änderung der bayerischen Bauordnung noch in Gesetzesform gießen muss, gilt der neue Mindestabstand von 1000 Metern zunächst in ausgewiesenen Windkraftvorranggebieten. Diese sollen auf knapp zwei Prozent der Landesfläche aufgestockt werden. Söder betonte, dabei müsse auf eine gleichmäßige regionale Verteilung geachtet werden. Alle regionalen Planungsverbände müssen deshalb binnen zwei Jahren entsprechende Flächen ausweisen. Diese Verpflichtung soll ins Landesentwicklungsprogramm aufgenommen werden, das ohnehin gerade überarbeitet werde.

Weitere Ausnahmen von der 10H-Regel soll es beim "Repowering" bestehender Windkraftanlagen geben, also beim Ersatz alter Windräder durch leistungsfähigere neue. Zudem soll 10H nicht mehr in Wäldern, entlang von Fernstraßen und Hauptbahnlinien sowie auf Truppenübungsplätzen gelten. Als weitere Ausnahme sind Windräder als so genannten "industrielle Nebenanlagen" vorgesehen. Diese dürfen künftig am Rand von Industrie- oder Gewerbegebieten entstehen, wenn sie überwiegend zu deren Stromversorgung genutzt werden. Geplant ist auch, die Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.

"Keine Frage des ländlichen Raums allein"

Söder sprach von einer "massiven Bewegung" bei der Windkraft, ohne dabei das Prinzip der Bürgerbeteiligung aufzugeben. Er appellierte an städtische Regionen, sich stärker am Ausbau der erneuerbaren Energien zu beteiligen. "Das ist keine Frage des ländlichen Raums allein", sagte er. Auf die Frage, ob er damit rechne, dass der Bund auf Grundlage dieses Beschlusses die bayerische 10H-Regel weiter gelten lassen werde, äußerte sich Söder zuversichtlich. "Ja, wir erfüllen alle Ziele", meinte er. Ähnlich sah das vorher bereits Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Er glaube nicht, das Bundesklimaminister Robert Habeck (Grüne) Bayern "zwangsverwalten" wolle. Aiwanger sprach von der Möglichkeit eines "nennenswerten Zubaus" an Windkraft in Bayern.

Der Bund Naturschutz kommentierte den 10H-Kompromiss der Regierungskoalition als "ersten wichtigen, aber leider unzureichenden Schritt" zur Umsetzung der Energiewende. Vor allem die pauschale Verminderung des Mindestabstands auf 1000 Meter in den genannten Ausnahmefällen sei nicht zielführend. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann warf der Staatsregierung die Fortsetzung ihrer "Windkraftverhinderungspolitik" vor. Der Fraktionschef der Freien Wählern begrüßte die Zustimmung der CSU zu dem Kompromiss. Die CSU erspare sich damit eine "peinliche politische Schlappe".

 
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