Elbart bei Freihung
29.04.2020 - 17:07 Uhr

Die Kultur ins Haus holen

Die Kulturscheune Elbart zählt zu den Schmuckstücken unter den Oberpfälzer Veranstaltungsorten. In den letzten zehn Jahren hat man hier rund 20000 Gäste mit erlesener Kultur, Kulinarik und so manchem hochprozentigen Tröpfchen verwöhnt.

Anna und Günter Preuß verwöhnen die Kulturfreunde in der Region mit ausgewählter Kultur aus unterschiedlichsten Genres – aber auch gerne mit einem edlen Tropfen aus der Schnapsbrennerei. Bild: Katrin Hartisch
Anna und Günter Preuß verwöhnen die Kulturfreunde in der Region mit ausgewählter Kultur aus unterschiedlichsten Genres – aber auch gerne mit einem edlen Tropfen aus der Schnapsbrennerei.

Im März 2010 eingeweiht, ging es einen Monat später los mit dem Kultur-Programm in der mittlerweile weit über die Grenzen der Region hinaus bekannten Kulturscheune Elbart. Wesentlicher Bestandteil neben dem abwechslungsreichen Unterhaltungsangebot und der angeschlossenen Edel-Schnapsbrennerei ist die hervorragende Bewirtung, die jede Veranstaltung zum besonderen Erlebnis macht. Wie es ihm damit geht, dass ausgerechnet das Jubiläum mit dem Beginn der Corona-Pandemie zusammengefallen ist, hat Günter Preuß im Telefoninterview erzählt:

ONETZ: Herr Preuß, so haben Sie sich den zehnten Geburtstag der Kulturscheune Elbart sicherlich nicht vorgestellt. Wie arrangieren Sie sich mit der Corona-Krise?

Günter Preuß: Die März-Veranstaltung mussten wir relativ kurzfristig absagen, was durchaus mit großem Aufwand verbunden war. Schon vor den gesetzlichen Anordnungen haben wir beschlossen, die Gastronomie im April zu schließen. Das geplante Jubiläums-Konzert mit dem Prager Blechbläser Ensemble ist ebenfalls entfallen. Ich hoffe, dass wir im Spätsommer oder Herbst wieder regulär öffnen können.

ONETZ: Blicken wir mal zurück auf die Anfänge: Was hat Sie als ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Apotheker- und Ärztebank in die Kulturszene gezogen?

Günter Preuß: Das beginnt erst mal damit, dass meine Frau und ich von je her sehr kunst- und kulturinteressiert sind. Wir haben beide selbst gemalt – nichts Gegenständliches, sondern Ausdrucksmalerei. Das war also der Grundbestand. Außerdem habe ich mir schon vor 20 Jahren überlegt, was ich einmal mache, wenn ich nichts mehr mache. Auch weil ich so viele Kollegen erlebt habe, die dann nichts mehr mit sich anzufangen wussten. Ich habe versucht, mich mental vorzubereiten. Die Hände in den Schoß zu legen, war für mich unvorstellbar.

ONETZ: Und wie kamen Sie konkret auf Elbart?

Günter Preuß: Im Jahr 2000 haben wir hier das elterliche Anwesen meiner Frau übernommen und kernsaniert. Nach meiner Pensionierung am 30. Juni 2009 sind wir dann nach Elbart umgezogen und haben uns gefragt: „Was machen wir jetzt auf dieser gottverlassenen Scholle?“. Erst wollte ich eine Vinothek eröffnen, Brot backen und Bier brauen. Dann habe ich mich aber für die Schnapsbrennerei entschieden. Klar war dann auch, dass wir das Anwesen zu einer kulturellen Begegnungsstätte machen wollen. Die Kultur zu uns ins Haus holen und damit die Region beglücken – und das, obwohl die Region mit ihrem reichhaltigen kulturellen Angebot nicht unbedingt auf uns gewartet hat. Meine Frau hat anfangs bezweifelt, dass sich Gäste nach Freihung verirren. Mit dem tatsächlichen Ansturm hätten wir nie gerechnet.

ONETZ: Hat die ungewohnte Rolle als Veranstalter und Gastronom von Anfang an für Sie gepasst oder musste sich da manches erst mal einspielen?

Günter Preuß: Eigentlich nicht. Ich bin ja in meiner früheren Funktion schon immer viel aufgetreten, etwa vor der Belegschaft oder als Gastredner. Bei privaten Einladungen habe ich auch schon immer den Service übernommen. Das war mir irgendwie vertraut.

ONETZ: Wie viele Veranstaltungen hat die Kulturscheune mittlerweile erlebt?

Günter Preuß: Mit dem Jahr 2019 waren es 180 kulturelle und 160 private Veranstaltungen wie Geburtstage, Hochzeiten oder Firmenpräsentationen. Bei den Kulturveranstaltungen hatten wir etwa 12000 Gäste, bei den privaten rund 8000 – also insgesamt in etwa 20000 Gäste. Da war ich doch jetzt selber erstaunt beim Zusammenstellen dieser Zahlen.

ONETZ: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Künstler aus?

Günter Preuß: Wir wollen in erster Linie ein abwechslungsreiches Programm bieten – von Klassik über Jazz und Boogie Woogie bis zu Comedy, Kabarett und Lesungen. Bedauerlicherweise verkaufen sich die Lesungen aber längst nicht so gut wie Jazz- oder Kabarett-Abende. Selbstverständlich habe ich dabei auch immer regionale Gruppierungen und Künstler im Auge. Inzwischen erhalte ich täglich viele interessante Angebote aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Ich schaue mir dann die Künstler auf YouTube an und engagiere sie, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

ONETZ: Gibt es Highlights, an die Sie sich besonders gerne erinnern?

Günter Preuß: Ja, als uns 2011 in München der Staatspreis für die gelungene Gestaltung unserer Kulturscheune verliehen wurde. Auch einige Künstler sind uns in bester Erinnerung geblieben. So zum Beispiel die „Cello Mafia“, das „Simon & Garfunkel“-Duo oder der Kabarettist Martin Frank. Alle drei hätte ich gerne öfter gehabt, aber die „Cello Mafia“ hat sich getrennt, die anderen beiden kommen gar nicht mehr auf so kleine Bühnen. Und natürlich in den Jahren 2010 bis 2017 unser Advent-Basar, der immer etwas Besonderes war.

ONETZ: Für einige Künstler war die Kulturscheune also auch ein Sprungbrett in die große Karriere?

Günter Preuß: Ja, das kann man so sagen. Das gilt für „Simon & Garfunkel“, Martin Frank, aber auch für Helmut A. Binser, der bei seiner Elbart-Premiere noch völlig unbekannt war. Er kommt übrigens im Oktober 2021 wieder, dann mit einer Vorpremiere.

ONETZ: Die Kulturscheune ist ja auch für die ausgezeichnete Küche unter Leitung Ihrer Frau bekannt und gerühmt – ist da eine Leidenschaft zur Teilzeitprofession geworden?

Günter Preuß: Meine Frau hat Kochen nie gelernt, aber von Haus aus schon immer gern und gut gekocht. Wenn ich ihr eine Freude machen wollte, habe ich sie zu Kochkursen bei Sterneköchen eingeladen, etwa bei Lea Linster in Luxemburg, Dieter Müller auf Schloß Lehrbach oder Thomas Kellermann, als er noch auf der Burg Wernberg kochte. So hat sie u.a. gelernt, wie man mit Naturalien pfleglich umgeht.

ONETZ: Wenn Sie mal ein bisschen vorausschauen: Wäre ein richtiger Ruhestand für Sie beide irgendwann eine Option oder können Sie sich so was gar nicht vorstellen?

Günter Preuß: Doch, das kann ich mir sehr wohl vorstellen; schließlich werden wir nicht jünger. Wenn sich ein ernsthafter Interessent einstellt, sind wir offen für Gespräche.

ONETZ: Und wenn Sie als Kulturscheunen-Jubilar einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?

Günter Preuß: Dass unsere Gäste gesund bleiben und weiterhin mit dem zufrieden sind, was wir bieten, denn das ist unsere eigentliche Motivation. Und ich wünsche mir, dass wir beide gesund bleiben und vielleicht ein bisschen mehr Zeit für uns selber haben.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.