30.08.2018 - 15:35 Uhr

Extrageld für fast alle

Ab 1. September bekommen etliche Familien einen Extrabonus vom Freistaat: 250 Euro Familiengeld pro Monat. Hartz-IV-Familien in der Oberpfalz könnten allerdings leer ausgehen.

Oberpfälzer Familien, die Hartz IV beziehen, haben vermutlich nichts vom bayerischen Extrabonus Familiengeld. (Symbolbild) Bild: Patrick Pleul/dpa
Oberpfälzer Familien, die Hartz IV beziehen, haben vermutlich nichts vom bayerischen Extrabonus Familiengeld. (Symbolbild)

Der Freistaat zahlt das Familiengeld ab 1. September an Familien, die Kinder im zweiten oder dritten Lebensjahr haben. Nach Informationen des Bayerischen Sozialministeriums betrifft das rund 240 000 Kinder. Knackpunkt sind Familien, die Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen, in der Umgangssprache Hartz IV. Das seien etwa 8 Prozent. Diese müssen das Geld womöglich zurückgeben.

Münchener bevorzugt?

Denn laut Bundessozialministerium ist das Bayerische Familiengeld zusätzliches Einkommen und deshalb auf die Jobcenter-Leistungen anzurechnen. Hartz IV wird um den Betrag des Familiengeldes gekürzt und die Empfänger haben genauso viel Geld wie vorher. Diejenigen, die kein Hartz IV beziehen, bekommen das Geld problemlos.

Eine verfahrene Situation und es wird noch komplizierter: die Jobcenter einiger bayerischer Kommunen stehen nicht unter Aufsicht des Bundes, sondern des Landes. Diese sogenannten zehn "Optionskommunen" sind die Städte Ingolstadt, Schweinfurt, Erlangen und Kaufbeuren sowie die Landkreise Würzburg, Ansbach, München, Miesbach, Günzburg und Oberallgäu. Und da diese unter Aufsicht der Landesregierung stehen, könnte es sein, dass dort das Hartz IV nicht gekürzt wird.

Während also eine Hartz-IV-Familie in der Oberpfalz, deren Jobcenter allesamt unter Aufsicht des Bundes stehen, das Familiengeld verliert, könnte dieselbe Familie in München oder Würzburg das Geld behalten. Gründe für dieses Missverhältnis sind unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Bund und Land: Bayern deklariert das Familiengeld ausdrücklich als "Weiterentwicklung des Landeserziehungsgeldes", das nicht dem Zwecke der Grundsicherung dient, also auch nichts mit Hartz IV zu tun hat. Der Bund jedoch sieht den Vergleich nicht, da das Familiengeld unter ganz anderen Voraussetzungen ausbezahlt wird.

Auf Rücken der Familien

Ein Ende des Streits zwischen Bund und Land ist nicht abzusehen. Beide Ministerien bleiben auf Nachfrage hart und hoffen auf Einlenken des jeweils anderen. Dabei werfen sie sich gegenseitig vor, die Familien auszunutzen. "Dem BMAS ist ausdrücklich daran gelegen, dass unterschiedliche Rechtsauffassungen (...) nicht auf dem Rücken der Familien ausgetragen werden", schreibt die Pressestelle des Bundesministeriums.

Die Landesbehörde wirft dem Ministerium vor: "Es könnte sein, dass man mit dem Verkünden einer anderen Rechtsauffassung gewartet hat, um im Wahlkampf Aufsehen zu erregen. Das Thema wird allerdings auf dem Rücken der Schwachen ausgetragen." Wie das alles ausgeht, weiß niemand. Politikprofessorin Ursula Münch sagt gegenüber dpa, dass der Streit wohl vor dem Bundesverfassungsgericht landet.

Hier ist der Kommentar "Bayern zahlt einen Extrabonus Absurdität an Hartz-IV-Familien" zum Artikel.

 
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