Lieblingsstücke aus der Klassik-Welt gehören zum Jahresstart der Kulturscheune Elbart wie Strauß-Walzer zum Neujahrskonzert. Diesmal sortierten Pianistin Jelena Lichtmann und Moderator Günter Preuß ihre persönliche Auswahl jedoch nicht nach Epochen, sondern als musikalische Reise durch Russland, Frankreich und Deutschland.
Mit dem ersten Teil des Abends kehrt die Klavierpädagogin am Elbarter Flügel zugleich zurück zu ihren pianistischen Wurzeln. Und schon hier erweitertet sie den Horizont über das hinaus, was ohnehin den meisten geläufig sein dürfte. So verbuchen die Scheunen-Gäste etwa Michail Glinkas "Nocturne" gewordene Eheprobleme ebenso unter der Rubrik „Entdeckung“ wie Alexander Skrjabins aus medizinischer Notwendigkeit entstandenes „Prélude für die linke Hand“.
Dass sich solche Lebensaspekte hinter dem Notenmaterial auftun, ist das Verdienst des Hausherrn Günter Preuß, der mit einem Potpourri aus Geschichten, Anekdoten und Wissenswertem die Augen fürs zu Hörende öffnet und damit einer übers bloße Konsumieren hinausgehenden Aufmerksamkeit Vorschub leistet.
Auch im französischen Abschnitt verläßt Solistin Lichtmann ihr insbesondere als Pädagogin angestammtes Areal der klassischen Klavierliteratur und wagt sich an Bearbeitungen wie beispielsweise César Francks Orgel-Prélude oder den Cello-Hit „Der Schwan“ aus Camille Saint-Saëns "Karneval der Tiere", der in der Kulturscheune flotte Bahnen zieht.
Ohne Debussy und Chopin wäre dieser Abstecher selbstverständlich nicht komplett gewesen, doch auch hier fällt die Wahl der Programmmacher auf eine Arabesque und vier Mazurken, bevor man mit dem untrennbar mit Frédéric Chopins Namen verbundenen und seinerseits doch an Beethovens unsterbliche „Mondscheinsonate“ angelehnten „Fantasie-Impromptu“ wieder auf die Ohrwurm-Spur zurückschwenkt.
Das abschließende Kapitel „Deutschland“ muss naturgemäß doch ein bisschen weiter gefasst werden, sind doch Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven und der Größte der Großen, Wolfgang Amadeus Mozart, untrennbar mit dem Schlagwort „Wiener Klassik“ verbunden. Bei allen dreien gibt Jelena Lichtmann einer beinahe chirurgisch präzisen Akkuratesse den Vorzug vor emotional überbordender Auslegung.
Mit ordentlich Tempo schaukeln bei der Auswahl aus Felix Mendelssohn-Batholdys „Lieder ohne Worte“ die beiden „Venetianischen Gondellieder“ durch die Klang-Kanäle. Der offizielle Schlusspunkt der Ohrwurm-Parade bleibt Franz Schuberts Es-Dur-Impromptu vorbehalten. Für die erklatschte Zugabe hat Jelena Lichtmann allerdings noch den „Csárdás“ von Vittorio Monti als gleichsam letzte Hit-Rakete im Köcher.
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