München
01.05.2019 - 17:54 Uhr

Giftstoffe an Bundeswehrstandorten: Gefahr unter der Erde

Wegen Chemikalien-Belastungen an Standorten der Bundeswehr in Bayern fordert die SPD mehr und schnellere Informationen der Staatsregierung. Auch die Oberpfalz ist demnach mehrfach betroffen.

Der Militärflugplatz des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr. Bild: Michael Ascherl [Michael Ascherl] (michael.ascherl@oberpfalzmedien.de, mascherl)
Der Militärflugplatz des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr.

SPD-Umweltsprecher Florian von Brunn verlangt Aufklärung über den Umfang der Kontaminierung von Bundeswehrstandorten mit gesundheitsgefährdenden Giftstoffen. Nach einer von ihm angeforderten Liste gibt es laut Umweltministerium in Bayern 47 Standorte mit Chemie-Altlasten, 12 davon in der Oberpfalz. Die Böden dort sind unter anderem mit verschiedenen Kohlenwasserstoffen, polychlorierten Biphenylen sowie per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) belastet, die als giftig und teilweise krebserregend gelten. Sie stammen vorwiegend aus Löschmitteln sowie Treib- und Sprengstoffen.

Nach Angaben von Brunns sind die Belastungen der Böden grundsätzlich bekannt, allerdings sei - mit Ausnahme des Militärflughafens Grafenwöhr - in keinem der Oberpfälzer Fälle bislang eine weitergehende Untersuchung auf Umweltauswirkungen im Umfeld der Standorte eingeleitet worden. Bayernweit habe es erst in vier Fällen konkrete Bodenuntersuchungen gegeben. Es sei deshalb nicht klar, inwieweit die Schadstoffe mit Regenwasser in umliegende Böden oder das Grundwasser verfrachtet würden. "Die Untersuchungen laufen einfach zu schleppend, es ist völlig inakzeptabel, dass man sehenden Auges eine Gefährdung der Bevölkerung in Kauf nimmt", sagte von Brunn.

Als besonders problematisch schätzte von Brunn die acht Fälle mit PFC-Verseuchung ein, darunter der Militärflughafen Grafenwöhr. Aus dem Umfeld des Militärflughafens Manching bei Ingolstadt wisse man, dass das seit 2011 verbotene PFC aus Löschschäumen von Feuerwehreinsätzen und -übungen nach wie vor über Grund- und Oberflächenwasser abfließe. Bei Anwohnern dort seien zum Teil deutlich erhöhte PFC-Werte im Blut festgestellt worden. Die Bevölkerung an allen betroffenen Standorten müsse "sofort und umfassend" informiert werden, hier sei das bayerische Umweltministerium in der Pflicht. "Wir brauchen jetzt vollständige Transparenz und absoluten Vorrang für das Vorsorgeprinzip zum Schutz der Bevölkerung", erklärte von Brunn.

In seiner Antwort auf die Anfrage des SPD-Politikers bestätigte Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler), dass an den aufgeführten Standorten "Boden- und Grundwasserkontaminationen vorhanden" seien. "Dies bedeutet jedoch nicht, das davon zugleich auch Gefahren...für den Einzelnen oder die Allgemeinheit...ausgehen und insofern eine Sanierung erforderlich ist", betonte Glauber in dem Schreiben. Konkrete Aussagen dazu seien erst nach Abschluss der Untersuchungen zur Gefahrenerforschung möglich. Diese könnten je nach Lage "oft über mehrere Jahre andauern".

Belastung in der Oberpfalz:

Ein Überblick über in der Oberpfalz betroffene Bundeswehr-Liegenschaften, bei denen Schadstoffe jeweils im Boden nachgewiesen wurden (Auswahl, NT/AZ-Verbreitungsgebiet):

  • Militärflughafen Grafenwöhr: Per- und polychlorierte Chemikalien (PFC).
  • Leopold-Kaserne Amberg: verschiedene Kohlenwasserstoffe (MKW, BTEX, PAK. LHKW), polychlorierte Biphenyle (PCB), Samarium (SM).
  • Standortschießanlage Amberg: SM.
  • Schweppermann-Kaserne Kümmersbruck: MKW, PAK, BTEX, PCB.
  • Ostmark-Kaserne Weiden: PAK, MKW, BTEX.
  • Oberpfalz-Kaserne Pfreimd: MKW, SM.
  • Grenzland-Kaserne Oberviechtach: MKW, PAK, SM.
  • Standortübungsplatz Oberviechtach: SM.
 
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