09.06.2020 - 16:35 Uhr

Haft für Schleuser: Auch Regensburger Richter schicken "Scheich Merwan" ins Gefängnis

Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil aus Weiden aufgehoben, nun waren die Kollegen am Regensburger Amtsgericht an der Reihe. Auch sie schicken einen Schleuser ins Gefängnis. Die Strafe ist aber etwas verkürzt.

Das Gericht hat entschieden. Bild: Oliver Berg/dpa
Das Gericht hat entschieden.

Das Landgericht Regensburg hat am Dienstag einen 39-Jährigen wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusen von Ausländern zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im vergangenen Jahr hat das Landgericht Weiden den Mann schon zu fünf Jahren verurteilt, das Bundesgerichtshof hatte Einwände und den Prozess nach Regensburg zurückverwiesen.

Der Verurteilte war in Bulgarien bereits für ähnliche Vergehen belangt worden. Das Gericht sollte nun prüfen, ob eine neue Strafe nicht gegen den Rechtsgrundsatz verstößt, dass eine Straftat auch nur einmal bestraft werden darf. In seiner Urteilsbegründung führte der Gerichtsvorsitzende aus, hinsichtlich der sechs noch zu prüfenden Anklagepunkte kein Strafklageverbrauch anzunehmen war. Zum einen ergaben sich in der Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schleusergruppierungen im bulgarischen und im hiesigen Strafverfahren außer dem Angeklagten selbst identische Mitglieder aufgewiesen hätten.

Zum anderen sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu sogenannten Organisationsdelikten Taten, die aus einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung heraus begangen werden, prozessual selbständig gegenüber der Mitgliedschaft in der jeweiligen Vereinigung. Die Kammer hat diese Grundsätze auch im vorliegenden Fall als anwendbar erachtet. Bei der Strafzumessung wurde dem Angeklagten vor allem die (bereits vor Eröffnung des Hauptverfahrens) geleistete Aufklärungshilfe zugute gehalten.

Den Ermittlungen zu Folge war der Angeklagte, der von den Beteiligten "Scheich Merwan" genannt wurde, Mitglied einer mindestens zehnköpfigen Bande, die von der Türkei, Bulgarien, Serbien und Rumänien aus agierte. Nachweislich 98 Iraker, Iraner, Syrer und Türken im Alter von vier bis 35 Jahren hatte der Angeklagte in seiner Wohnung in Sofia (Bulgarien) beherbergt, nachdem sie von Schleppern bis dorthin gebracht worden waren.

Von hier aus übernahm er die Vermittlung des Weitertransports. Die Geschleusten waren zwischen Juli 2017 und Januar 2018 nach ihren – teils menschenunwürdigen – insgesamt acht Transporten bei Pleystein, Theisseil und Arnschwang ausgesetzt worden, wo sie aufgegriffen wurden. Die Auswertung der bei ihnen sichergestellten Handys führte zum Angeklagten und seinen Komplizen. Der Angeklagte wurde in Bulgarien festgenommen und kam in Auslieferungshaft. Seit März 2018 sitzt er in unterschiedlichen Justizvollzugsanstalten in Untersuchungshaft.

Auf die Revision des Angeklagten hin hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Weiden teilweise aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Regensburg verwiesen. Zur Begründung führten die Karlsruher Richter aus, dass der Angeklagte wegen Beteiligung an mehreren im Jahr 2017 organisierten Schleusungen bereits in Bulgarien strafrechtlich verfolgt und zu einer Bewährungsstrafe von drei Jahren verurteilt worden ist.

Das Landgericht Regensburg hatte nun zu prüfen, ob insoweit Tatidentität mit den zeitlich korrespondierenden Vorwürfen der zunächst in Weiden verhandelten Anklage besteht. Bezüglich dieser Vorwürfe würde dann nämlich ein Verfahrenshindernis entgegen stehen (Verbot der Doppelverfolgung). Straf- und Einziehungsausspruch müssten dann je nach Ausgang angepasst werden. Anders als der Verteidiger, der von einer Doppelbestrafung ausging, sah der Staatsanwalt diese Voraussetzungen als nicht gegeben an. Da die Akten des bulgarischen Gerichts nicht mehr auffindbar sind mussten die Regensburger Richter auf Zeugenaussagen zurückgreifen. Nach den Recherchen des deutschen Verbindungs-Polizeibeamten in Sophia hat die dortige Entscheidung nur die Einschleusung von der Türkei nach Bulgarien erfasst, nicht jedoch der später erfolgte Weitertransport nach Deutschland.

 
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