Mantel
02.09.2019 - 18:36 Uhr

"Für den Liebhaber": Denkmäler zu verkaufen

Sie besitzen Schlösser, Mühlen, Bauernhäuser. Unbedingt zu beneiden sind die Eigentümer solch besonderer Immobilien nicht. Denn auch der Verkauf von Denkmälern ist außergewöhnlich schwer.

"Leben wie anno dazumal": Maria Singer-Hilburger im Inneren des Eslarner Bauernhauses. Bild: Gabi Schönberger
"Leben wie anno dazumal": Maria Singer-Hilburger im Inneren des Eslarner Bauernhauses.

Das Jagdschlössel in Mantel

Manchmal sind sie schon "fast ein bisschen verzweifelt", die Schlossbesitzer in Mantel (Landkreis Neustadt/WN). Familie Fischer gehört ein Jagdschlössl im Ortskern, erbaut 1687. An die Glanzzeiten erinnern Stuckdecken und geschnitzte Rokokotüren. Über dem Portal prangt das pfalz-sulzbachische Wappen. Vor 300 Jahren übernachtete im Obergeschoss der Kurfürst aus Sulzbach, wenn er zur Jagd kam. Im Untergeschoss war das Forstamt untergebracht.

Nach mehreren Besitzerwechseln erwarb 1930 die Familie Fischer das Gebäude. Sie betrieb im Erdgeschoss einen Tante-Emma-Laden. Im Obergeschoss wuchsen zwei Generationen von Kindern heran. Zuletzt lebte noch Hildegard Fischer mit ihrem Mann im Jagdschlössl. Eine Erkrankung des Mannes brachte die begonnene Renovierung zum Erliegen. Seit sieben Jahren steht das über 300 Jahre alte Haus leer. Der Dachstuhl ist saniert, eine Ölzentralheizung eingebaut, alle Anschlüsse für Wasser und Strom sind erneuert. Es fehlt: der große Wurf. Denkbar wären laut Landesamt für Denkmalpflege Wohnen, gewerbliche Nutzung, aber auch Ateliers oder Gastronomie. Die Hoffnung der "Schlossherren" ruht auf dem Druck auf dem Immobilienmarkt: Vielleicht kommt der ein oder andere, der nichts Neues findet, auf das Alte zurück.

Mantel08.06.2018

Das älteste Bauernhaus Eslarns

Leben wie im Freilandmuseum. Das gilt für das älteste Bauernhaus des Marktes Eslarn (Kreis Neustadt/WN) tatsächlich. Der Bezirk hätte den Blockbau mit Schindelfassade damals gern für das Freilandmuseum abgetragen und in Perschen wieder aufgebaut. "Aber da war der Vater dagegen", erinnert sich Maria Singer-Hilburger. Er wollte nicht in den benachbarten Steinbau umziehen. Der alte Herr blieb bis zu seinem Tod 1991 im Holzhaus, bis 2003 lebte noch die Mutter darin. Seither steht das Häuschen (60 Quadratmeter Wohnfläche) leer. Drinnen sieht's noch aus "wie anno dazumal". "Am liebsten wäre es mir, wenn etwas Öffentliches reinkäme, damit man es weiter anschauen kann", sagt die Eigentümerin. 72 000 Euro will sie für ihr "Sacherl". Alles ist möglich: Eine Erweiterung der Wohnfläche durch Umbau des angrenzenden Stodels. Oder eine Brotzeit- und Zoiglstube mit Ausschank im großzügigen Innenhof. Denkmalpfleger Raimund Karl stünde bereit, sollten Fragen zu Fördermitteln bestehen.

Das Kloster Schwarzhofen

In Schwarzhofen (Landkreis Schwandorf) stünde Bürgermeister Max Beer Gewehr bei Fuß, sollte sich ein Investor mit vernünftiger Idee für das Kloster im Ort interessieren. "Für die Familie mit zwei Kindern ist das nichts." Das Kloster Schwarzhofen (Landkreis Schwandorf) hat 90 Zimmer. Schon 1260 lebten am Ort Dominikanerinnen, die 1418 vor den Hussiten nach Regensburg flohen. Die Nonnen kehrten erst gut 200 Jahre später zurück. Ab 1696 errichtete schließlich Baumeister Wolfgang Dientzenhofer (Villa Amerika in Prag, Kloster Waldsassen) das jetzige prächtige Ensemble.

Bürgermeister Beer kennt das Kloster in- und auswendig. Stuckdecken, großzügige Gänge, das Kreuzgratgewölbe und der Innenhof, in dem schon kulturelle Veranstaltungen aufgezogen wurden. "Ein wunderbares Ambiente. Das Kloster hat Leben." Nur leider zurzeit nicht: 2004 hatte ein privater Investor das Ensemble gekauft, der Hotellerie und privates Wohnen plante. Ein umfassendes Nutzungskonzept mit Finanzierungsplan (3 bis 4 Millionen Euro für den Einbau von Nasszellen und ein neues Dach) lagen vor. Die Pläne scheinen sich zerschlagen zu haben, und so steht das Kloster überraschend seit 2010 wieder zum Verkauf. Ein Käufer müsse das Kloster "lieben können und stemmen können", hofft der Bürgermeister und verspricht: "Jeden Käufer, der mit einer vernünftigen Lösung an uns herantritt, würden wir nach Kräften unterstützen."

Ehemalige Wallfahrtskirche in Erbendorf

Wohnen in einer Kirche? Ja, da gibt's. In Erbendorf im Landkreis Tirschenreuth steht ein Wohnhaus zum Verkauf, das früher eine Wallfahrtskirche war (Kaufpreis 150 000 Euro). Es handelt sich dabei um die Urkirche der Stadt, die St.-Veits-Kirche. Jochen Neumann von der Stadtverwaltung Erbendorf hat in der alten Chronik von Joseph Höser geblättert: Demnach ist die Kirche womöglich älter als Erbendorf selbst. Sie könnte um die Jahre 900 oder 1000 erbaut worden sein und zwar, wie damals üblich, auf einer altheidnischen Kultstätte. Im Mittelalter, als der Bergbau um Erbendorf in voller Blüte stand, wurde hier den Bergknappen die Messe gelesen, ehe sie in den Schacht einfuhren.

1832 beschädigte ein Brand die Kirche erheblich, 1881 erfolgte die letzte Restauration. 1920 ging die Veitskirche nach Auflösung des Simultaneums an die evangelische Gemeinde über. Unter Pfarrer Joseph Hofmann begann 1935 der Ausverkauf. Der 14-Heiligen-Altar steht heute in Thumsenreuth. Aufgrund der Wohnungsnot in den Nachkriegsjahren wurde die Kirche schließlich zum Wohnhaus umgebaut, weiß Neumann. In den 90ern erfolgte der Verkauf an Privatleute. Heute beherbergt die ehemalige Wallfahrtskirche vier Wohnungen, die von den Mietern im Laufe der Zeit hergerichtet wurden. Auch Maklerin Susanne Mertha kennt die Chronik und ist begeistert: "Das ist auch für mich was Tolles." Besonders beeindruckt ist sie vom bisher nicht ausgebauten Dachstuhl: "Zehn Meter hoch. Man sieht noch, wo der Glockenturm war." Sie kann sich eine "einzigartige Loftwohnung" auf dem Speicher vorstellen. "Ich liebe Immobilien, die nicht von der Stange sind", sagt Susanne Mertha mit der Euphorie, die Maklern vorbehalten ist.

 
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