Vertreter von Umwelt-, Natur- und Landschaftsverbänden haben bei einer Anhörung im Umweltausschuss des Landtags die konsequentere Umsetzung des Artenschutzvolksbegehrens und seiner Begleitgesetze gefordert, während es aus der Bauernschaft hieß, man fühle sich ungerecht behandelt und an den Pranger gestellt. Einig war man sich allerdings darüber, dass es für den wirksamen Artenschutz mehr gemeinsames und abgestimmtes Handeln brauche. Ein gegenseitiges Ausspielen von Naturschutz und Landwirtschaft sei der falsche Ansatz.
Der Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz (BN), Richard Mergner, sagte, trotz gewisser Fortschritte unter anderem bei Blühflächen, Streuobstwiesen und Gewässerrandstreifen müssten die Ziele des Volksbegehrens "mit mehr Schwung, Geld und Personal" verfolgt werden. "Wir haben noch keine Trendumkehr beim Artenschutz und sägen immer noch an dem Ast, auf dem wir sitzen", erklärte Mergner. Erheblichen Nachholbedarf sah er bei der Reduzierung des Flächenverbrauchs, der Ausweitung des Biotopverbundnetzes und der Umstellung auf Öko-Landbau.
Ähnlich äußerte sich Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbundes für Vogel- und Naturschutz. Die ergriffenen Maßnahmen zeigten erste Wirkung, "aber nur durch ihr konsequentes Umsetzen können wir den Rückgang der biologischen Vielfalt aufhalten und einen Teil dessen zurückgewinnen, was wir verloren haben". Martin Sommer vom Deutschen Verband für Landschaftspflege vermisste Fortschritte vor allem auf landwirtschaftlich genutzter Fläche. Hier müssten die Förderprogramme für mehr Artenschutz ausgeweitet und die Einträge von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln deutlich reduziert werden.
Bayerns Landesbäuerin Christine Singer erklärte, das Volksbegehren habe die bäuerliche Familie "in der Seele getroffen". Es sei der Eindruck entstanden, als hätten die Landwirte die Hauptschuld am Artenschwund. Ohne die Bauern werde es aber nicht gelingen, die Biodiversität in der Fläche zu erhalten oder gar auszubauen. Bis heute fehle es dafür aber an der erforderlichen Unterstützung vor allem durch die Bevölkerung. Gerade viele Städter wüssten nicht, wie man sich auf dem Land und in der Natur verhalte, zudem lasse die Nachfrage nach regionalen und biologischen Lebensmitteln zu wünschen übrig, kritisierte Singer.
Der Landwirt Werner Kriegl warb für eine praktikable Umsetzung der Artenschutzvorgaben für die Bauern. Dies würde die Akzeptanz der Maßnahmen erhöhen. Zudem forderte er, den Blick auch auf andere Ursachen des Artenschwundes lenken. "Unsere bäuerliche Landbewirtschaftung hat sich in den vergangenen 30 Jahren kaum verändert, die Artenvielfalt geht aber trotzdem zurück - es muss also noch andere Faktoren geben", sagte Kriegl. Als eine Ursache vermutete er streunende Hauskatzen. Der Umweltpräsident des Bayerischen Bauernverbandes, Stefan Köhler, führte zudem Fressfeinde von Bodenbrütern wie Füchse, Waschbären oder Krähen auf. Dem widersprach LBV-Chef Schäffer. 95 Prozent des Verlustes am Vogelbestand in Bayern sei durch Verschlechterung oder Verlust des Lebensraums verursacht. Ohne diese menschengemachten Eingriffe wären Fressfeinde kein bestandsgefährdendes Problem.
Als "Booster" für den Artenschutz bewertete Nicolas Liebig, Landessprecher der bayerischen Landschaftspflegeverbände, das Volksbegehren. Die von ihm vertretenen 72 regionalen Verbände, in denen Kommunen, Landwirte und Naturschützer kooperierten, seien inzwischen auf 90 Prozent der Landesfläche aktiv. In ihnen gelinge häufig ein reibungsloser Interessenausgleich vor Ort. Liebig warnte deshalb vor Förderkürzungen, um diese Strukturen nicht zu gefährden. BN-Chef Mergner verlangte von der Politik eine sachbezogene Debattenkultur. Es sei nicht hilfreich, wenn der Einsatz für den Umwelt- und Naturschutz als ideologiegetrieben diffamiert werde.
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