München
Update 06.02.2025 - 16:45 Uhr

Warum in Bayern immer mehr Schlachtbetriebe schließen

Die Bayern essen immer weniger Fleisch, das bekommen auch die Schlachthöfe im Freistaat zu spüren. Die Zahl der Schlachtbetriebe sinkt seit Jahren. Im Landtag machte sich eine Expertenrunde Gedanken über verbrauchernahe Schlachtungen.

Von den rund 1600 im Freistaat noch bestehenden Schlachtstätten mit EU-Zulassung plant rund ein Viertel die Betriebsschließung. Symbolbild: Jens Büttner/dpa
Von den rund 1600 im Freistaat noch bestehenden Schlachtstätten mit EU-Zulassung plant rund ein Viertel die Betriebsschließung.

Der Verbraucherwunsch nach Fleisch- und Wurstwaren aus möglichst regionaler Schlachtung lässt sich in Bayern immer weniger umsetzen. Von den rund 1600 im Freistaat noch bestehenden Schlachtstätten mit EU-Zulassung – ein Großteil davon sind selbstschlachtende Metzger – plant rund ein Viertel die Betriebsschließung. Das teilte Lars Bubnick, Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes des bayerischen Fleischerhandwerks, bei einem Fachgespräch im Agrarausschuss mit. Als Hauptgründe nannte er die gesunkene Nachfrage nach Fleisch, hohe Kosten, überbordende Bürokratie und Personalmangel. Dringend erforderlich sind aus Bubnicks Sicht Maßnahmen zur Stabilisierung des Fleischverzehrs und eine gezieltere staatliche Investitionsförderung für den Neubau und die Modernisierung von Schlachtstätten.

Nach Einschätzung von Christian Kagerer, Geschäftsführer im Fleischprüfring Bayern, befindet sich die Branche in einer Art Teufelskreis. Weniger Nachfrage führe zu weniger Schlachtungen, damit zu weniger Auslastung der Schlachthöfe und entsprechend niedrigerer Effizienz und Kostendeckung. Bei Rindern sei die Zahl der Schlachtungen von 2010 bis 2024 bayernweit um 15, bei Schweinen um 24 Prozent zurückgegangen. Dies entspreche in etwa auch dem Rückgang beim Fleischkonsum. Wolfgang Härtl, Vorstandsmitglied im Verband der Fleischwirtschaft, erklärte dazu, ein Schlachthof, der nicht ausgelastet sei, werde auf Dauer nicht überleben können. Dafür seien die laufenden Personal- und Vorhaltekosten einfach zu hoch.

Stefan Nies, der in Schwaben eine mittelständische Hofmetzgerei mit eigener Schlachtung betreibt, berichtete, dass die zur Deckung der Kosten nötigen Preise auf dem Markt nicht zu erzielen seien. Deshalb müssten die durch staatliche Auflagen verursachten Kosten gesenkt und Verbraucherseite das Image von Fleischprodukten wieder verbessert und das Verständnis für angemessene Preise erhöht werden. Leider hätten zuletzt Tierhaltungs- und Schlachtskandale in einigen Großbetrieben der gesamten Branche immens geschadet. Nies will dem durch die Einrichtung einer "gläsernen Schlachtstätte" und offensiver Bildungsarbeit entgegenwirken.

Neben einem massiven Bürokratieabbau formulierten die Experten als wichtigste Forderung an die Politik verlässliche Rahmenbedingungen sowohl bei Förderprogrammen als auch bei Hygiene- oder Tierwohlauflagen. Auf besondere Kritik stieß dabei das neue Tierhaltungskennzeichnungsgesetz (THKG) des Bundes, das im August in Kraft treten soll. Dieses werde den Verwaltungsaufwand ohne Nutzen für die Verbraucher vervielfachen, warnte Härtl. Isabella Timm-Guri vom Bayerischen Bauernverband sagte voraus, dass dieses "unausgegorene Gesetz" für eine zusätzliche Verunsicherung bei der Kundschaft führen werde. Sinnvoller wäre es, das bestehende Kennzeichnungssystem zu stärken. Die neue Bundesregierung müsse für entsprechende Korrekturen sorgen.

Härtl betonte zudem die Notwendigkeit einer funktionsfähigen amtstierärztlichen Überwachung der Betriebe. Man könne es sich nicht leisten, dass die Produktion wegen fehlender oder erkrankter Tiermediziner tagelang still stehe. Härtl plädierte für den Aufbau eines bayernweiten Veterinärpools für Vertretungen. Derzeit scheitere es schon aus rechtlichen Gründen, wenn Schlachtstätten bei Ausfällen Ersatztierärzte aus Nachbarlandkreisen anforderten. Kontrovers diskutierte die Expertenrunde den Einsatz von Videoüberwachung in Schlachtstätten. Bubnick äußerte sich dazu zurückhaltend. Es bleibe immer ein Graubereich, weil die Kameras nicht alles erfassen könnten. Dagegen setzte Nies auf größtmögliche Transparenz. Paul Daum vom industriellen Fleischverarbeiter VION bezeichnete die Video-Überwachung als "Schutz für uns selbst". Es könne damit belegt werden, "dass in unseren Betrieben ordentlich gearbeitet wird".

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.