Die CSU reagiert mit demonstrativer Gelassenheit auf den Umfrage-Höhenflug der Freien Wähler und das eigene Absacken unter den ohnehin historisch schlechten Wert bei der Landtagswahl 2018. So erklärte Fraktionsvize Alexander König (Hof) auf Nachfrage, Umfragen seien keine Wahlergebnisse. Er freue sich vielmehr, dass die Koalition aus CSU und Freien Wählern in Bayern offenbar weiter eine "dicke Mehrheit" habe. Er gehe davon aus, dass die CSU bis zum Wahltag ihre Position bei den Wählern wieder stärken werde. Im am Dienstag veröffentlichten BR24-Bayerntrend war die CSU auf 36 Prozent abgerutscht, während die Freien Wähler mit 17 Prozent ein Allzeithoch erreicht hatten.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Fraktion im Landtag, Tobias Reiß (Brand, Landkreis Tirschenreuth), sieht in den guten Werten für die Freien Wähler die Folge eines "Solidarisierungseffekts" mit deren Parteichef Hubert Aiwanger, der zuletzt wegen der Flugblatt-Affäre unter Druck geraten war. Für die CSU müsse es nun darum gehen, wieder Sachthemen in den Vordergrund zu rücken. Bei diesen würden der CSU unter allen Parteien laut Umfrage die größten Lösungskompetenzen zugewiesen. "Wir müssen jetzt zuallererst für uns arbeiten und die Menschen für uns mobilisieren", erklärt Reiß. Sich an den Freien Wählern abzuarbeiten, wäre die falsche Strategie, zumal es inhaltlich kaum Differenzen in der Koalition mit ihnen gebe.
Oetzinger: Schlechtes Krisenmanagement Aiwangers
Von einer "Momentaufnahme, die den Zeitpunkt der Umfrage vor einer Woche abbildet", spricht der CSU-Abgeordnete Stephan Oetzinger aus Mantel. Er richtet den Blick auf die langfristigen Ergebnisse der Umfrage. Demnach gebe es weiterhin eine hohe Zustimmung zu Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und eine große Zufriedenheit mit der Bayern-Koalition insgesamt. Sich jetzt von den Freien Wählern abzugrenzen, hält Oetzinger für keine gute Idee. "Die Menschen wollen keinen Streit in der Regierung", betont er. Das unterscheide die Bayern-Koalition von der Ampel in Berlin. Das schlechte Krisenmanagement Aiwangers dürfe die CSU im Wahlkampf ungeachtet dessen aber schon thematisieren.
Der Schwandorfer Alexander Flierl sieht ebenfalls keinen Grund zur Panik für die CSU. "Entscheidend sind die Stimmen, die in der Wahlurne liegen", relativiert er den Wert von Umfragen. "Wir haben eine klare Wahlkampfstrategie, die wir konsequent fortsetzen sollten", rät Flierl seiner Partei. Auch verweist er auf den deutlichen Vorsprung der CSU bei der Kompetenzzuweisung durch die Bürger vor den Freien Wählern. Dies zeige, dass so mancher Minister bei den Freien Wählern ein "Scheinriese" sei. Mit Blick auf Aiwanger ergänzt Flierl: "Mancher ist ein Riese im Bierzelt, aber außerhalb davon eher klein." Die Stimme Bayerns in Berlin sei die CSU, während die Freien Wähler dort kaum wahrgenommen würden. Jürgen Baumgärtner (Kronach) ist sich sicher, dass der "Hype um Aiwanger" bald abflachen werde, zumal die Freien Wähler "inhaltlich keine Substanz" hätten.
Regierung ohne Ampel-Parteien
Weitestgehend einig sind sich die Abgeordneten, dass es richtig gewesen war, sich frühzeitig auf eine Fortsetzung der gut laufenden Koalition mit den Freien Wählern festzulegen. Dies gelte unabhängig von der Flugblatt-Affäre Aiwangers. "Unsere Positionierung, nicht mit den Grünen koalieren zu wollen, war richtig", erklärt Reiß dazu. Dies sei in der CSU-Wählerschaft gut aufgenommen worden. Oetzinger ergänzt, die Mehrheit der Bayern wolle keine Regierungsbeteiligung der Grünen, "sondern eine bürgerliche Koalition unter der Führung von Markus Söder". Dies gehe am besten mit den Freien Wählern. Nur wenn in der bayerischen Regierung keine Ampel-Parteien vertreten seien, könne die CSU ihren bundespolitischen Spielraum wahren.
Aus der Parteiführung wollte sich am Mittwoch niemand öffentlich zu den aktuellen Umfragen äußern. Vor der Veröffentlichung des Bayerntrends am Dienstag hatte CSU-Chef Markus Söder auf einer Pressekonferenz erklärt, die zuletzt guten Werte für die Freien Wähler seien eine "Fieberkurve der Solidarität mit Aiwanger". Die den Parteien und ihm als Ministerpräsidenten zugewiesenen Kompetenzwerte zeigten jedoch einen "großen Zuspruch zur CSU". "Wer ein starkes Bayern und einen starken Ministerpräsidenten will, muss mich und meine politische Familie wählen", sagte Söder.
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