München
19.07.2023 - 10:28 Uhr

Nach Ende des NSU-Untersuchungsausschusses viel Kritik an Bayerns Regierung

Nach der Befragung von 80 Zeugen hat der NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag seine Arbeit beendet. Manches zu der Mordserie der Rechtsextremisten erscheint nun klarer, es bleiben aber weiter offene Fragen.

NSU-Tatort in Nürnberg: Hier wurde Abdurrahim Özüdogru ermordet. Archivbild: Daniel Karmann
NSU-Tatort in Nürnberg: Hier wurde Abdurrahim Özüdogru ermordet.

Zum Abschluss des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses im Landtag hat dessen Vorsitzender Toni Schuberl (Grüne) der Staatsregierung vorgeworfen, durch Aktenschwärzungen und restriktive Aussagegenehmigungen für Zeugen aus dem Bereich der Polizei und des Verfassungsschutzes eine tiefergehende Aufklärung der rechtsextremen Mordserie behindert zu haben. Dennoch habe der Ausschuss das Versprechen einhalten können, dem NSU-Komplex weitere Puzzleteile hinzuzufügen. Gelungen sei dies durch die Befragung von Zeugen aus dem rechtsextremen Umfeld des Tätertrios sowie dessen Mitglied Beate Zschäpe. Deutlich sei auch geworden, dass Fehleinschätzungen und Ermittlungsfehler der Behörden mitverantwortlich dafür gewesen seien, dass die Mordserie nicht früher habe unterbunden werden können.

Ausschussvize Holger Dremel (CSU) betonte dagegen, das Gremium habe trotz intensiver Bemühungen "leider keine neuen Erkenntnisse gewinnen können". Es hätten sich auch keine Beweise für ein rechtsextremes Unterstützernetzwerk des NSU bei dessen Attentaten in Bayern ergeben. Ein solches könne aber auch nicht ausgeschlossen werden. Dremel hob hervor, dass der Verfassungsschutz aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und bezüglich der Einschätzung und Beobachtung des Rechtsextremismus neue Strukturen aufgebaut habe. Die Vertuschungsvorwürfe Schuberls wies Dremel "entschieden" zurück.

Nach Ansicht von Cemal Bozoglu (Grüne) dürfe das Ende des Untersuchungsausschusses kein Schlussstrich sein. Die Aufklärung der NSU-Mordserie müsse wegen der vielen noch offenen Fragen weitergehen. Mit Blick auf die Ermittlungspannen forderte Bozoglu von Ministerpräsident Markus Söder und Landtagspräsidentin Ilse Aigner (beide CSU) eine öffentliche Entschuldigung bei den Angehörigen der fünf Mordopfer in Bayern. "Das darf nicht wieder 40 Jahre dauern wie nach dem rechtsextremistisch motivierten Oktoberfestattentat", sagte er.

Arif Tasdelen (SPD) erklärte, es falle ihm schwer zu glauben, dass das NSU-Trio wegen der fehlenden Ortskenntnis seine Taten in Bayern ohne Hilfe habe durchführen können. Kritisch sah er den Einsatz von V-Leuten im Umfeld des Trios vor dessen Untertauchen im Jahr 1998. So habe Zschäpe bei ihrer Vernehmung ausgesagt, erst durch einen V-Mann des Verfassungsschutzes radikalisiert worden zu sein. Matthias Fischbach (FDP) beklagte eine "überzogene Schwärzungs- und Geheimhaltungspraxis" des Innenministeriums. Er sah weiteren politischen Handlungsbedarf bei der Kontrolle des Verfassungsschutzes und der Führung von V-Leuten. Richard Graupner (AfD) kritisierte die "tendenziöse Befragung" von Zeugen aus der rechtsextremen Szene durch die Ausschussmehrheit. Bei diesen sei automatisch der Verdacht eines Kontakts zum NSU unterstellt worden. Als erwiesen sah Graupner, dass es bei den Ermittlungsbehörden "keinen strukturellen Rassismus" bezüglich der Angehörigen der türkisch- und griechischstämmigen Opfer gegeben habe.

 
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