Bevor CSU-Chef Markus Söder Personalentscheidungen trifft, geht er erst einmal in Klausur. Und zwar mit sich selbst. Das hat den großen Vorteil, dass niemand außer ihm selbst verraten kann, was da so besprochen wird. Bei seinen Kabinettsbildungen in München hat er es auf diese Weise geschafft, dass manche Auserwählte bis kurz vor der Vereidigung nicht davon wussten, bald Minister zu sein. Bei der nun anstehenden Besetzung der der CSU zustehenden Ministerien in der sich abzeichnenden Bundesregierung aus Union und SPD will es Söder genauso halten. "Die Entscheidung trifft am Ende der Parteivorsitzende – und ich habe noch nicht mit mir geredet", ließ Söder dieser Tage wissen.
Dabei hatte er einen Posten schon vor Monaten vergeben. Bundesagrarminister sollte Günther Felßner werden, der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV). Felßner war Söders Trumpf-Ass in seinem Bemühen, den selbst ernannten Bauern-Tribunen Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in dessen Berlin-Ambitionen auszubremsen. Blickt man auf das Wahlergebnis, ist das eindrucksvoll gelungen. Doch nun hat Felßner überraschend zurückgezogen. Die in mehrfachem Wortsinne grenzüberschreitende Protestaktion der Tierschützergruppe "Animal Rebellion" auf seinem Bauernhof im Mittelfränkischen hat ihn dazu bewogen, um seine Familie vor Angst und Schrecken zu schützen.
Wird Kaniber nun Ministerin?
Söders Selbstgespräche finden damit auf einer neuen Grundlage statt. Den Anspruch der CSU auf das Bundesagrarministerium erhielt er zuletzt aufrecht. Wenn er das weiter ernst meint, dann muss er mit einem neuen Namen ins Rennen gehen. "Wer das wird, ist völlig offen", behauptete Söder. Dabei ist der in Frage kommende Personenkreis eher klein. Im Prinzip besteht er vor allem aus Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber. Wie Felßner wäre sie aber nicht Mitglied der CSU-Landesgruppe im Bundestag, die die vermutlich drei Ministerposten für die CSU am liebsten aus den eigenen Reihen besetzen möchte. Aus fachlicher Sicht wäre dort am ehesten Artur Auernhammer ein Felßner-Ersatz. Auch er ist Landwirt und zudem agrarpolitischer Sprecher der CSU im Bundestag. Groß von sich reden gemacht hat Auernhammer aber bisher nicht.
Nachfolger in Bayern gesucht
Sollte sich Söder für Kaniber entscheiden und die auch wollen, dann hätte der CSU-Chef in seiner Klausur eine größere Denksportaufgabe vor sich. Schließlich bräuchte er dann auch in Bayern eine Nachfolgelösung. Erste Wahl könnte die CSU-Agrarsprecherin im Landtag, Petra Högl, sein – fachlich, vom Amtswegen und zum Erhalt des Frauenanteils im bayerischen Kabinett. Es gäbe da aber auch noch den Wunsiedler Martin Schöffel. Der ist zwar seit 18 Monaten Finanzstaatssekretär, war vorher aber der in Agrar- und Forstszene bestens vernetzter Vorgänger Högls.
Aber zurück nach Berlin. Vor Felßners Rückzug war schon klar, dass es zumindest eine CSU-Ministerin geben müsse. Genannt wurden in erster Linie die Unterfränkinnen Andrea Lindholz und Dorothee Bär. Nachdem Lindholz inzwischen zur Bundestagsvizepräsidentin gewählt wurde, scheint der Weg für Bär frei zu sein. Als Staatsministerin für Digitales unter der CDU-Kanzlerin Angela Merkel hat sie schon Regierungserfahrung gesammelt. Bär könnte Bildungs- und Forschungsministerin werden oder Digitalministerin. Offenbar ist die Gründung dieses Ressorts Thema bei den Koalitionsverhandlungen. Als weitere Frau ist die CSU-Stimmenkönigin Emmi Zeulner aus Oberfranken im Gespräch, die sich als Gesundheits- und Pflegepolitikerin einen Namen gemacht hat. Ob die CSU allerdings Zugriff auf dieses Ressort bekäme, ist fraglich.
Als Dritten im Bunde wird es auf jeden Fall einen Mann geben. Sollte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Ansprüche erheben, käme niemand an ihm vorbei. Söder hat schon lange verkündet, dass der Oberbayer ein "ganz großes und schweres Ministerium" bekomme – wenn er denn wolle. Dobrindt aber hat sich noch nicht erklärt. Sollte er doch lieber der einflussreiche Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag bleiben wollen, stünde der CSU-Wehrexperte Florian Hahn bereit. Der hat schon öffentlich mit dem Chefsessel im Verteidigungsministerium geliebäugelt. Dem Vernehmen nach sind für CSU inzwischen wieder das Bau- und das Verkehrsressort interessant, nachdem es dort künftig aus dem Sondervermögen für Infrastruktur viel Geld zu verteilen gäbe. Aktuell geistert auch noch die aus CSU-Kreisen gestreute Idee durch die Medien, Söder müsse selbst in ein Berliner Ministeramt wechseln. Spannender Stoff für ein richtig komplexes Selbstgespräch.
Wenn es um von Bayern besetzte Ministerämter in Berlin geht, wird gerne übersehen, dass die Union ja mutmaßlich in der SPD noch einen Koalitionspartner bekommt. Doch wie schon vor vier Jahren drängt sich aus der bayerischen Sozialdemokratie niemand so wirklich auf. Vielleicht springt aber wieder der Job eines Parlamentarischen Staatssekretärs heraus wie zuletzt im Gesundheitsressort für die Unterfränkin Sabine Dittmar. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
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