München
03.04.2025 - 15:35 Uhr

Illegale Schrott-Entsorgung in Tschechien: Freistaat Bayern droht Millionenschaden

Die illegalen Mülltransporte einer Oberpfälzer Firma nach Tschechien könnten den Freistaat teuer zu stehen kommen. Grund ist die drohende Insolvenz des Unternehmens. Im Landtag fürchtet man einen Millionenschaden für die Steuerzahler.

Ein Bild von der Müllhalde in Jiříkov, das Bürgermeister Barbora Šišková augenommen hat. Archivbild: Barbora Šišková
Ein Bild von der Müllhalde in Jiříkov, das Bürgermeister Barbora Šišková augenommen hat.

Nach dem illegalen Transport von rund 470 Tonnen Schrott, hauptsächlich aus abgebauten Windkraftanlagen nach Tschechien, droht dem Freistaat möglicherweise ein Millionenschaden. Grund dafür ist, dass die für die Ablagerung des Mülls an zwei Standorten im Nachbarland verantwortliche Entsorgungsfirma aus der Oberpfalz Insolvenz angemeldet hat. Nach Angaben eines Sprechers des Umweltministeriums im Umweltausschuss des Landtags ist deshalb offen, ob das Unternehmen die überwiegend aus Verbundstoffen und Elektronikschrott bestehenden Abfälle – wie von der Regierung der Oberpfalz angeordnet – auf eigenen Kosten zurück nach Bayern bringen wird. Sollte dies nicht der Fall sein, müsste der Freistaat „in Ersatzvornahme“ einspringen und sich um die rechtskonforme Entsorgung kümmern. „Aus der Erfahrung mit solchen Fällen ist nicht auszuschließen, dass die Kosten dafür am Ende der Steuerzahler übernehmen muss“, sagte der zuständige Beamte. Zahlen nannte er nicht.

Der Schaden für den Freistaat könnte noch an anderer Stelle anwachsen. Denn 2021 gewährte das Wirtschaftsministerium dem Unternehmen im Rahmen seiner Regionalförderung einen Zuschuss in Höhe von 2,1 Millionen Euro für die Errichtung einer Batterie-Recyclinganlage. Noch läuft die Bindungsfrist dieser Gelder, die unter anderem an den Erhalt von Arbeitsplätzen gekoppelt sind. Sollten das Unternehmen oder der Betrieb der Anlage nicht fortgeführt werden können, müssten die Zuschüsse zurückgefordert werden. Ob dieses Geld aber in der Insolvenzmasse zu finden sein werde, sei unklar, hieß es im Ausschuss aus dem Ministerium. Man müsse sehen, was im Fall einer Insolvenz bei der Firma oder ihren Gesellschaftern noch zu holen sei.

Nach Angaben des Justizministeriums wird derzeit gegen drei Beschuldigte der Oberpfälzer Firma ermittelt. Klar sei, dass der Müll falsch deklariert über die Grenze geschafft worden sei. In Frage käme demnach ein Verstoß gegen das Abfallverbringungsgesetz, der mit einer Geldstrafe oder mit Freiheitsentzug von bis zu 2 Jahren geahndet werden könne. Die Oberpfälzer Firma hat bislang alle gegen sie erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Strafrechtliche Ermittlungen führt zudem die Staatsanwaltschaft in Tschechien bezüglich möglicher dortiger Tatbeteiligter. Die Zusammenarbeit in dem Fall mit den tschechischen Behörden wurde von allen beteiligten Ministerien als „hervorragend“ bezeichnet.

Wie der Sprecher des Umweltministeriums mitteilte, hat die Regierung der Oberpfalz das betroffene bayerische Unternehmen Ende März angewiesen, den ohne entsprechende Genehmigung verbrachten Schrott binnen 2 Monaten nach Bayern zurückzuholen. Noch hätten darauf weder das Unternehmen noch der zwischenzeitlich eingesetzte Insolvenzverwalter reagiert. Unabhängig davon, ob nun die Firma oder der Freistaat für die Rückführung sorge, müsse das Material anschließend in Bayern an einem geeigneten Ort zwischengelagert und dann einer ordnungsgemäßen Entsorgung oder Wiederverwertung zugeführt werden.

Gerüchte, dass die Oberpfälzer Firma schon einmal wegen illegaler Müllentsorgung aufgefallen sei, bestätigten die Ministeriumsvertreter nicht. Zwar habe 2020 der Verdacht bestanden, dass über das Unternehmen geschredderte Altreifen illegal verbracht worden seien, doch habe sich dieser Vorwurf seinerzeit nicht verifizieren lassen. Das Verfahren sei deshalb eingestellt worden. Aus Sicht des Umweltministeriums gibt es im aktuellen Fall auch keine Anzeichen, dass die Firma nach dem Aufdecken des aktuellen Falles von der Geschäftsführung gezielt in die Insolvenz geführt worden sei.

Unabhängig von der individuellen Schuldfrage geht das Umweltministerium aber davon aus, dass die Verbringung des Schrotts nach Tschechien „mutmaßlich mit Vorsatz und krimineller Energie“ erfolgt sei. Dagegen könnten auch die besten Gesetze nichts ausrichten. Um die wenigen schwarzen Schafe ausfindig zu machen, kündigte der Ministeriumssprecher zusätzliche Schwerpunktkontrollen für grenzüberschreitende Mülltransporte sowohl in Bayern als auch in Tschechien an. Ein dichtes Kontrollnetz diene auch der Abschreckung von Nachahmungstätern. Im Umweltausschuss herrschte fraktionsübergreifend Einigkeit, dass es zu einer vollständigen Rücknahme des Mülls kommen und der Fall umfassend aufgearbeitet werden müsse. Zudem wurde gefordert, mögliche Kontroll- oder Gesetzeslücken zu schließen.

 
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