München
30.07.2024 - 20:20 Uhr

Söder: Wassercent kommt bis zum Herbst

Schon seit Jahren kündigt die Staatsregierung die Einführung eines Wassercents in Bayern an. Vor der Sommerpause sollten die Entscheidung endlich fallen. Jetzt wurde sie erneut vertagt. Die Koalitionäre haben noch keine gemeinsame Linie.

Seit Jahren kündigt die Staatsregierung die Einführung eines Wassercents in Bayern an. Der soll nun im Herbst kommen. Symbolbild: Fredrik von Erichsen/dpa
Seit Jahren kündigt die Staatsregierung die Einführung eines Wassercents in Bayern an. Der soll nun im Herbst kommen.

Der Ort war bewusst gewählt, um ein weiteres großes Maßnahmenpaket zum Schutz des Wassers und vor Hochwasser in Bayern zu verkünden. Vor acht Wochen stand das Kloster Weltenburg nicht am Ufer der Donau, sondern wegen des Juni-Hochwassers mittendrin im Fluss. Jetzt tagt hier der bayerische Ministerrat das letzte Mal vor den Sommerferien, unter strahlend blauem Himmel und an einer gemütlich vorbeifließenden Donau. Das große Paket ist allerdings ein ganzes Stück kleiner ausgefallen als geplant. Denn die Koalition hat sich doch nicht mehr rechtzeitig auf die Regularien zur Einführung eines Wassercents einigen können. Das Projekt muss - wieder einmal - verschoben werden.

Der Wassercent ist eine neue Abgabe, die eigentlich alle Verbraucher bezahlen sollen, um damit Maßnahmen zum Trinkwasserschutz und zur Wasserreinhaltung zu finanzieren. CSU und Freie Wähler haben die Einführung in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Die Höhe der Abgabe ist noch offen, die Rede ist von um die 10 Cent pro Kubikmeter. Eine vierköpfige Familie müsste folglich mit Mehrausgaben von 15 bis 20 Euro pro Jahr rechnen. Weil den Wassercent aber im Prinzip alle Verbraucher zahlen müssen - also auch die, die Wasser aus eigenen Brunnen verwenden wie Landwirte oder Mineralwasserabfüller - könnten die Mehreinnahmen dazu führen, dass die normalen Wasser- und Abwassergebühren etwas sinken.

Koalitionsinterner Streit um einheitliche Linie

Soweit die Theorie. In der Praxis hat sich daraus ein koalitionsinterner Streit mit mehreren Frontlinien entwickelt. Wie man hört, hat Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) einen Entwurf vorgelegt, der tatsächlich alle Wasserverbraucher einbezieht. Seine eigene Freie-Wähler-Fraktion hat nun aber ein eigenes Modell entworfen, in dem das Kernstück fehlt. Die Fraktion will die Abgabe nur auf leitungsbezogenen Wasserverbrauch erheben, also nur von Wasserhähnen, die über die öffentliche Wasserversorgung gespeist werden - offenbar auf Druck der Bauern- und Mineralbrunnen-Lobby.

Denn nach diesen Plänen wären Verbraucher mit eigenem Brunnen außen vor. Dabei wollte Glauber genau die mit dem Wassercent erfassen, weil sie quasi kostenlos und mengenmäßig so gut wie unkontrolliert eigentlich der Allgemeinheit zur Verfügung stehendes Trinkwasser abpumpen. Doch das ist nicht der einzige Streitpunkt. Denn auch innerhalb der CSU-Fraktion gibt es keine einheitliche Linie. Hier reicht die Spanne von der Komplettablehnung des Wassercents bis zur Unterstützung Glaubers. "Die Freien Wähler haben die Hälfte herausgestrichen, und die CSU weiß noch nicht genau, was sie will", fasst ein Insider die aktuelle Gemengelage zusammen.

In Weltenburg wollen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Glauber kein großes Ding aus dem neuerlichen Verschieben des Projekts machen. Man sei "in der Schlussrunde, aber noch nicht am Ziel", erklärt Söder. Nach der Sommerpause soll es an einem runden Tisch mit Vertretern beider Koalitionspartnern die "finalen Beratungen" geben. Derzeit gebe es noch "einige offene Fragen", der Teufel stecke im Detail. Es gehe um die Belastungen für den Einzelnen und um die Art der Einführung als solche.

"Klientelpolitik" zugunsten der Landwirtschaft?

Hinter den Kulissen wird schon an Kompromisslinien gearbeitet. Die Lösung könnte in der stufenweisen Einführung des Wassercents liegen. Zunächst könnten alle leitungsgebundenen Verbraucher herangezogen werden sowie jene Brunnennutzer, die schon über geeichte oder digitale Zähler verfügen. Danach könnten schrittweise alle anderen folgen mit der Auflage, ihre Wasserentnahmestellen bis zu einem festgesetzten Termin mit Zählern nachzurüsten. Dass weite Teile von Verbrauchern ausgeschlossen werden, wie es das Modell der Freien Wählern vorsieht, scheint wegen der Grundsatzes der Gleichbehandlung rechtlich, aber auch politisch kaum umsetzbar zu sein. Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) hat das kürzlich in einem Brandbrief an Söder thematisiert und ihn aufgefordert, die von der Freie-Wähler-Fraktion verfolgte "Klientelpolitik" zugunsten von Landwirtschaft und Industrie zu verhindern.

Wie auch immer: Glauber will noch in diesem Jahr eine umfassende Novelle des Wassergesetzes vorlegen. Darin soll es nicht nur um die Einzelheiten zur Einführung des Wassercents gehen. Am Rande der Weltenburger Kabinettssitzung erläutert Glauber, dass darin auch die von ihm bereits vor einigen Wochen im Landtag angekündigten Maßnahmen zur Hochwasservorsorge festgezurrt werden sollen. Also Regeln für die leichtere Enteignung von widerborstigen Grundstückseigentümern, die keine Wiesen und Felder für Polder und andere Rückhalteflächen hergeben wollen, und verschärfte Richtlinien, die das Bauen in hochwassergefährdeten Gebieten erschweren oder ganz verbieten. Ein ganzes Bündel kniffliger Punkte also. In Weltenburg wirkt Glauber entschlossen, das von ihm als notwendig Erachtete auch durchzusetzen.

 
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