München
10.10.2023 - 12:26 Uhr

Totengräber-Stimmung nach Wahlniederlage: FDP plant "Liquidation" der Fraktion

Nach dem Landtags-Aus herrscht bei Bayerns FDP Grabesstimmung. Landeschef Martin Hagen spricht von einem "niederschmetternden Ergebnis", plant aber schon für die Rückkehr 2028. Sein Ansporn ist, die Scharte vom Sonntag auszuwetzen.

Martin Hagen (FDP) ist nach der Wahlniederlage überzeugt: Die liberale Stimme werde im Landtag fehlen. Bild: Sven Hoppe/dpa
Martin Hagen (FDP) ist nach der Wahlniederlage überzeugt: Die liberale Stimme werde im Landtag fehlen.

Die Stimme von Martin Hagen ist dem Anlass angemessen belegt. Ursache dafür ist aber weniger die "herbe Wahlniederlage" am Sonntag, sondern ein kleiner Infekt, der sich auf die Stimmbänder des FDP-Landeschefs gelegt hat. Was er zu verkünden hat, taugt aber auch nicht für glockenklare Klänge. Man werde in dieser Woche zur letzten Fraktionssitzung im Landtag zusammenkommen und anschließend die "Liquidation" der Fraktion mit der Verwaltung des Hohen Hauses besprechen. Nach der FDP-Satzung sei er dafür verantwortlich, den "Liquidationsprozess" zu begleiten. Hagen ist also eine Art Totengräber in eigener Sache.

Bevor es allerdings zu depressiv wird, blickt Hagen lieber in die Zukunft. Die kann er für die Liberalen weiter gestalten. Nach dem "niederschmetternden Ergebnis" vom Sonntag, für die er als Spitzenkandidat die Verantwortung übernehme, habe er zwar dem Landesvorstand seinen Rücktritt angeboten. Doch der habe das "einmütig" zurückgewiesen. Erklärtes Ziel sei 2028 die Rückkehr der FDP in den Landtag, da wolle man in fünf Jahren nicht wieder bei null anfangen, sondern mit personeller Kontinuität die Erfahrungen und Kontakte der vergangenen fünf Jahre nicht verlieren.

Rauswurf aus dem Landtag soll nicht Karriereende sein

"Wir wollen die Phase der außerparlamentarischen Opposition so kurz wie möglich halten", verkündet Hagen und schließt nicht aus, dann auch wieder als Spitzenkandidat zur Verfügung zu stehen: "Ich will meine politische Karriere nicht mit dem Rauswurf aus dem Landtag beenden. Diese Scharte auszuwetzen, treibt mich an." Man wolle nun von außerhalb des Landtags versuchen, vor allem in der Wirtschafts- und Bildungspolitik wahrnehmbare Akzente zu setzen. Wie es Art der Liberalen sei, werde man dabei aber "nicht der Versuchung unterliegen, in einen Wettlauf einzusteigen, wer lauter und krawalliger ist". Gegen die AfD und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger könne man ein solches Rennen nicht gewinnen.

Korrektur der Regierungspolitik als Lösung

Zunächst aber will Hagen mithelfen, die entgleiste Ampel in Berlin wieder in die Spur zu bringen. Denn deren schlechtes Image sieht er als Hauptgrund für das schlechte Abschneiden nicht nur der FDP in Bayern. "Das muss besser werden in der Zusammenarbeit und auch inhaltlich", mahnt er. Neben der Lösung der Migrationsfrage müsse die Ampel vor allem Abstand nehmen von Projekten, "die von den Bürgern als übergriffig und überbürokratisiert verstanden werden". Hagens Adressat sind in beiden Fällen die Grünen. Eine Korrektur der Regierungspolitik sei "alternativlos". Die Ampel platzen zu lassen, hält Hagen dagegen für keine gute Idee.

Mit Blick auf den Landtag wirkt der FDP-Chef fast ein bisschen erleichtert, dass er die künftige Oppositionsführerschaft der AfD nicht hautnah miterleben muss. Aber natürlich wäre er lieber dabei geblieben. "Denn die liberale Stimme wird in den kommenden fünf Jahren im Landtag fehlen", meint er wehmütig. Das sei ein Verlust für den politischen Diskurs in Bayern. Man wird sehen.

 
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