Zwei Jahre nach dem Grundsatzbeschluss zur Einführung einer verfahrensübergreifenden Recherche- und Analysesoftware (Vera) bei der bayerischen Polizei hat die Staatsregierung eine Änderung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in den Landtag eingebracht, um den künftigen Einsatz der Anwendung auf eine verfassungskonforme Grundlage zu stellen. Vera sei der "entscheidende Baustein", um bei der Polizei bereits vorhandene Daten aus verschiedenen Bereichen effektiver bei der Bekämpfung schwerer Straftaten zu nutzen und kriminelle Strukturen frühzeitig zu erkennen, erklärte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). "Die kriminelle Szene nutzt modernste Technik, die Polizei darf da nicht hinterherhinken", sagte er.
SPD und Grüne hatten an den Vera-Plänen immer wieder Kritik geübt. Sie bemängelten im Einklang mit dem bayerischen Datenschutzbeauftragten, dass Vera bereits im Probebetrieb mit Echtdaten von Bürgern ist, ohne dass es dafür eine Rechtsgrundlage gebe. Zudem stamme die zugrundeliegende Software von dem datenschutzrechtlich umstrittenen US-Unternehmen "Palantir". Dies widerspreche der auch von der CSU geforderten "digitalen Souveränität" Europas, sagte der Grüne Florian Siekmann.
Europol hatte Angebot abgelehnt
Horst Arnold (SPD) klagte darüber, dass in das Projekt bereits 13,4 Millionen Euro an Steuergeldern geflossen seien. "Im Prinzip steht da ein sündhaft teures Spezialfahrzeug ohne Betriebserlaubnis in der Garage der Polizei", formulierte er. Zudem sollte aufhorchen lassen, dass der Bund, 13 andere Bundesländer und selbst Europol das Palantir-Angebot abgelehnt hätten.
Herrmann wies die Vorwürfe zurück. Aus Gründen des Datenschutzes dürften mit den auf Vera verknüpften Daten nur speziell geschulte Beamte arbeiten, ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Nutzung des Systems sei in den PAG-Entwurf der Staatsregierung "komplett eingearbeitet" worden. Der Vera-Probebetrieb laufe zudem rein technisch und Analyse der eingestellten Daten. Auch Herrmann erklärte, er würde lieber mit einer europäischen Software arbeiten, doch gebe es diese in der erforderlichen Qualität noch nicht. Im Sinne effektiver Verbrechensbekämpfung wolle er aber nicht warten, bis eine solche in einigen Jahren vielleicht vorhanden sei.
"Kriminalitätsbekämpfung auf dem aktuellen Stand der Technik"
Für die CSU erklärte Alfred Grob, es gehe darum, die Spitzenstellung Bayerns im Bereich der Inneren Sicherheit zu behalten. Mit Vera bringe man die Kriminalitätsbekämpfung digital auf den aktuellen Stand der Technik. Wolfgang Hauber (Freie Wähler) betonte, die bayerische Polizei leiste hervorragende Arbeit, mit Vera werde diese noch besser. Nach Ansicht von Richard Graupner (AfD) sei der verfassungskonforme Einsatz von Vera "dringend geboten", da der Staat bei der Verbrechensbekämpfung "handlungsfähig und schlagkräftig" bleiben müsse.
Neben weiteren kleineren Präzisierungen sieht der Entwurf zur PAG-Novelle auch eine Klarstellung der Nutzung von Aufzeichnungen aus Überwachungskameras an gefährdeten Orten durch die Polizei vor, die von Kommunen oder Privatunternehmen gemacht werden. Als Beispiele nannte Herrmann Bahnhöfe und Flughäfen, aber auch öffentliche Plätze und Fußballstadien. Im neuen PAG sollen der Polizei solche Aufnahmen für eine effektive Gefahrenabwehr sowie die präventive Verhütung von Straftaten verpflichtend übermittelt werden. Man spare sich dadurch den Einsatz eigener, womöglich zusätzlich angebrachter Kameras, erläuterte Herrmann.
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