München
19.02.2024 - 16:44 Uhr

Unterrichtsausfälle an Grund- und Mittelschulen höher als bisher angenommen

An bayerischen Grund- und Mittelschulen fallen offenbar deutlich mehr Unterrichtsstunden aus, als vom Kultusministerium offiziell angegeben. Darauf deuten Daten hin, die der Lehrerverband BLLV ermittelt hat.

An bayerischen Grund- und Mittelschulen fallen womöglich mehr Stunden aus, als bislang angenommen. Symbolbild: Sven Hoppe/dpa
An bayerischen Grund- und Mittelschulen fallen womöglich mehr Stunden aus, als bislang angenommen.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) klagt über einen hohen Unterrichtsausfall an bayerischen Schulen. Er wertete dazu Daten von 13 zufällig ausgewählten Grund- und Mittelschulen in Bayern während der fünften und sechsten Kalenderwoche aus. Demnach wurden an diesen Schulen 8,3 Prozent der vorgesehenen Stunden entweder ersatzlos gestrichen oder nicht regulär durch fachfremde oder nicht ausreichend qualifizierte Lehrkräfte gehalten. Nach Angaben des Kultusministeriums liegt die Quote der ausgefallenen Stunden landesweit bei 0,9 Prozent. "Der Einblick in die Realität zeigt ein anderes Bild als das vom Kultusministerium gezeichnete", erklärte BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.

Die ermittelten Zahlen sind nach Ansicht Fleischmanns ein weiteres Indiz für die dünne Personaldecke an den Schulen. Dass nicht noch größere Löcher zu beklagen seien, liege auch an der den Lehrkräften seit 2020 aufgebürdeten Mehrarbeit. Sollten tatsächlich Prognosen eintreten, dass nach 2026 der Lehrerbedarf an Grundschulen wegen sinkenden Schülerzahlen zurückgehen soll, dürfe dies trotzdem nicht mit der Streichung von Planstellen einhergehen. Vielmehr müssten die Arbeitsbedingungen wieder verbessert und Belastungen zurückgenommen werden. Konkret forderte Fleischmann unter anderem die Rücknahme der Einschränkungen für Teilzeit und Sabbatjahre. Dies umzusetzen, sei "das Problem der Staatsregierung".

Kunst, Musik und Sport unerlässlich

Grundsätzlich befürwortete Fleischmann die Ankündigung von Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) die Grundkompetenzen in Deutsch und Mathematik durch zusätzliche Unterrichtsstunden stärken zu wollen. Dazu gehöre auch, die derzeit oft ausfallenden Förder- und Differenzierungsstunden gesichert zu gewährleisten. Eine von oben verordnete Streichung in anderen Fächern lehne der BLLV ab. "Wir beteiligen uns nicht an Streichkonzerten, die Pisa-Studie hat ja gezeigt, dass wir überall mehr brauchen", sagte Fleischmann. Kunst, Musik und Sport seien für die ganzheitliche Bildung unerlässlich, Religion für die Werteerziehung. Würde Englisch an Grundschulen gestrichen, wäre Bayern das einzige Bundesland ohne Fremdsprache im Elementarbereich.

Nötig sei ein rechtlicher Rahmen für die Stundentafel, der flexible Lösungen vor Ort zulasse, betonte Fleischmann. Sie würde es sehr begrüßen, wenn den Schulen mehr Eigenverantwortung übertragen würde. Es sei kein Makel, wenn Bayerns Schullandschaft dadurch bunter würde. Es brauche dazu aber eine "realistische und professionelle politische Ansage". Stolz hatte zuletzt angekündigt, womöglich noch im Februar ein entsprechendes Konzept vorzulegen.

Erschreckend hohe Stundenausfälle

Die Weidener SPD-Abgeordnete Nicole Bäumler sah in den BLLV-Zahlen zum Unterrichtsausfall ein "absolutes Alarmzeichen". Es brauche schnellstens Maßnahmen, um die "teilweise erschreckend hohen Stundenausfälle" in den Griff zu bekommen und den regulären Unterricht sicherzustellen. Es müsse Schluss sein mit "Schnellschuss-Forderungen" wie zusätzlichen Pisa-Deutschstunden oder Verfassungsviertelstündchen, für die es noch nicht einmal Konzepte gebe.

 
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