Lucinda Williams: "Runnin` Down A Dream"
Kein wirklich richtig neues Album unserer Grammy-Gewinnerin, dafür ein umso interessanterer Ansatz. Im Untertitel heißt das Werk nämlich „A Tribute To Tom Petty“ und ist damit erst der Anfang einer ganzen Serie von insgesamt sechs Tribute-Alben, die uns unsere raubeinige Americana-Heldin demnächst offerieren will. Das geschieht, um Musik-Clubs in der Corona-Krise zu helfen, denn diese „Heim-Konzerte“ wurden bereits per Video live aus dem Studio übertragen. Großartige Idee mit noch großartigerer Musik. Man darf gespannt sein, wen die Grand Dame noch eines Tributes für würdig hält.
Matthew E. White & Lonnie Holley: "Broken Mirror: A Selfie Reflection"
Als White seine zweite Platte, das hervorragende „Fresh Blood“, einspielte, nahm er mit einem Septett (darunter vier Perkussionisten!) diverse Jams auf, die aber nicht zum Gesamtkonzept passten. Erst als er jetzt, Jahre später, den 70-jährigen Allround-Künstler Lonnie Holley (unbedingt dessen Bio googeln!) hinzuzog, wurde ein Schuh daraus. Der improvisierte binnen vier Stunden über diese fünf ellenlangen Stücke, ohne dabei die Musik vorher zu kennen, mit frei assoziierenden Textpassagen und hauchte ihnen so eine geradezu magische Energie ein. Ein ekstatisch-erratisches Hörerlebnis der exquisiten Sorte, wie man es vielleicht von Gil-Scott Heron her kennt.
Dinosaur Jr.: "Sweep It Into Space"
Als Joseph Donald Mascis Jr. die Band 1985 aus der Taufe hob, war da vor allem wütend-süßer Lärm. Der Signatur-Sound des aufbrechenden Indie-Rocks und seines dominierenden Labels SST. Freilich wurde auch damals Rock nicht neu erfunden, man arbeitet sich vor allem gerne an den Steilvorlagen des Crazy-Horse-Sounds ab. In Ur-Besetzung mit Lou Barlow und Murph (und with a little help from Kurt Vile) erforscht J Mascis einmal mehr im Alter auch gemäßigtere Lärmgefilde, ja wird wie in „I Ran Away“ fast lieblich-balladesk – würde er nicht doch ein kleines fieses E-Gitarren-Massaker einbauen. Melodie und Lärm, wenige bekommen es so gut zusammen wie dieses Trio.
The Fratellis: "Half Drunk Under A Full Moon"
Schön, mal wieder was von den Fratellis aus Glasgow zu hören! Gleich der Titel-Track sprüht vor Euphorie mit seinen Streichern, Bläsern, Glockenspielen, Chören, seiner fetten Phil-Spector-"Wall Of Sound" – und erinnert an die besten Momente einer Annie Lennox. Leider ist die P.P.-Arnold-Version von „Strangers In The Street“ nicht mit auf der Scheibe, aber beschwingt und lebensbejahend, trotzig optimistisch und mit weltumarmenden Melodien bestückt geht es weiter. Produzent Tony Hoffer (u.a. Beck, Phoenix, Supergrass) trägt dick auf, die Songs der widererstarkten Fratellis stecken das Bombardement aber ganz gut weg.
Ryley Walker: "Course In Fable"
Der Mann ist schwer zu fassen. Zwar blitzt noch hin und wieder der einstige Folk-Troubadour durch ("Clad With Bunck“), doch auch diese scheinbar „einfachen“ Lieder sind schon so vertrackt und mit (jazzinformierten) Ideen gespickt wie einst bei Tim Buckley. Das ganze neue Werk wirkt eh wie aus der Zeit gefallen und wäre sicherlich Anfang der 70er nicht nur das heimliche Jahreslieblingsalbum der Musik-Journaille geworden. Damals, wo Prog- und Jazz-Rock (man hört seine Liebe der frühen Genesis) – gemischt mit allen zur damaligen Zeit möglichen Einflüssen – ihre ersten Gehversuche feierten. Geadelt wird das neue Album durch die Produktion von John McEntire (Tortoise, Jim O`Rourke, etc).
Lost Horizons: "In Quiet Moments"
Stringenz geht zwar anders, aber es ist schon zum Jubeln, was das britische Duo-Projekt von Simon Raymonde, Gründer und Labelchef von Bella Union sowie Bassist der Cocteau Twins, und Drummer Richie Thomas (The Jesus And Mary Chain) mit Unterstützung ganz unterschiedlicher SängerInnen aufgenommen hat. Da werden Kollegen wie The Hempolics, John Grant, C. Duncan, Marissa Nadler, Porridge Radio, Penelope Isles, Karen Peris, Ural Thomas oder Tim Smith (Midlake) zu Kollaborationen herangezogen, die dann klingen können wie sphärischer Dream-Prog á la Jon Anderson, waviger Indie-Rock, aber auch soulful und elegant wie bei Sade/Simply Red. Grandios.
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