Von Wolfgang Ruppert und Lucia Brunner
Der 5. und 6. Dezember steht in der Oberpfalz für den Heiligen Nikolaus. Der Schutzheilige für Matrosen, Gefangene, Kinder und Arme hat sich in der Region auch zu einer ambivalenten Sagengestalt entwickelt. Damit verbunden ist der Einkehrbrauch in der Vorweihnachtszeit. Der Bischof Nikolaus und sein Begleiter Knecht Ruprecht besuchen die Kinder und Familien. In dem goldenen Buch des Heiligen stehen die Namen der Kleinen sowie ihre guten und schlechten Taten über das Jahr gelistet. Die Bilanz daraus gibt es dann am Nikolausabend aufgetischt.
Für die guten Taten gibt es Lob und Geschenke. Böses, so heißt es, wird bestraft. So wird dem einen oder anderen Kind damit gedroht, dass der Knecht Ruprecht sie in den Sack des Nikolaus' steckt und in den Wald verschleppt. Jungen tragen an diesem Abend häufig ein Schnappmesser bei sich, um den Sack aufschneiden zu können. In der Realität gibt es zwar den Tadel, aber die Strafe – wie etwa Schläge mit der Rute – bleiben in der heutigen Zeit aus.
Wurzeln in der heutigen Türkei
Für den Nikolaus gibt es zwei historische Persönlichkeiten, die als Vorbild für den Heiligen dienen. Zum einen wirkte der Nikolaus in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts als Bischof von Myra im römischen Reich, wo inzwischen die Türkei liegt. Zudem soll es den Abt Nikolaus im Kloster Sion bei Myra gegeben haben, der allerdings acht Generationen später lebte. Über die Jahrhunderte hinweg bildeten sich zahlreiche Legenden um den Heiligen, was ihm eine große Symbolkraft bis heute verleiht.
Eine der bekanntesten Legenden handelt von einem armen Mann mit drei Töchtern. Da er sich die Mitgift für seine Kinder nicht leisten konnte, wollte er sie als Prostituierte verkaufen. Der Nikolaus hörte von der Notlage des Mannes und warf in drei aufeinanderfolgenden Nächten je einen großen Goldklumpen durch das Fenster der drei Töchter. Der Vater hatte daraufhin keine Geldsorgen mehr und konnte seine Kinder verheiraten. In bildlichen Darstellungen wird der Heilige oft mit drei goldenen Kugeln gezeigt, was eine Funktion als Gabenbringer unterstreicht.
In Sagen und Legenden um den Nikolaus verschmelzen Teufel und Heiliger oft miteinander. Vizepräsidentin der Schönwerth-Gesellschaft Erika Eichenseer aus Regensburg bezeichnet die Geschichten aus der Oberpfalz als "archaisch und gröber". Für die 87-Jährige sind die Märchen, die Franz Xaver von Schönwerth Mitte des 19. Jahrhunderts sammelte, ein Schatz. Im Archiv des Historischen Vereins in Regensburg stieß sie in seinem Nachlass auf 500 unveröffentlichte Märchen und Sagen aus der Oberpfalz. Darunter sind auch Geschichten zum Nikolaus und seinen Begleitern.
Anführer in tausend Stücke gerissen
Schönwerth beschreibt den "Teufel als Niklo". Eine Sage spielt sich auf der Schmalzgrube bei der Wassersuppe, einem böhmischen Dorf nahe der bayerischen Grenze bei Waldmünchen (Kreis Cham), ab. Drei Knechte sollen sich wie der Nikolaus gekleidet und Tierhäute übergezogen haben. Der Anführer der Gruppe trug eine schwarze Kuhhaut, die anderen beiden Ziegenfälle. Sie hingen sich Ketten und Rollen um und hätten die Leute fürchterlich geschlagen. "Wie sie aber gen Haselbach kamen, trat ihnen der wahre Niglo entgegen, der Teufel, und packte den Anführer", hält Schönwerth fest. Am Morgen danach sei der Anführer in tausend Stücke gerissen und die anderen beiden im Straßengraben gefunden worden. Nur einer konnte noch nach Hause kriechen.
Der Volkskundler Hans Schubladen fand heraus, dass es keine Quellen zu den Einkehrbräuchen vor Ende des 16. Jahrhunderts gab. Diese bildeten sich seiner Ansicht nach erst im 17. Jahrhundert in Klosterschulen heraus, beim sogenannten Kinderbischofsfest. Der Nikolaus wurde hier von wilden Gestalten begleitet, die unartige Kinder bestraften. Im 19. Jahrhundert wird der Nikolaus auch zur strafenden Gestalt und als erzieherisches Element eingesetzt. So taucht er etwa auch als moralische Instanz im Struwwelpeter auf.
Christkind und Weihnachtsmann
Früher war der Nikolaustag und nicht der Heilige Abend der Tag der Geschenke. Das Christkind findet sich heute auch in vielen katholischen Haushalten, kommt aber ursprünglich aus dem protestantischen Glauben. Da im Protestantismus die Heiligenverehrung des Katholizismus abgelehnt wird, musste auch der Nikolaus aus seiner Funktion des Gabenbringers verschwinden. Diese übernahm das Christkind und im Laufe der Zeit wurde auch von katholischen Familien, der Brauch übernommen, an Weihnachten zu schenken.
Im 19. Jahrhundert wird zudem noch die Figur des Weihnachtsmannes populär. Der Karikaturist Thomas Nast wanderte 1846 nach New York aus. Während des amerikanischen Bürgerkriegs zeichnete er für das Magazin Harper's Weekly einen alten, bärtigen Mann, der vom Schlitten herab Soldaten beschenkt. Dabei griff er auf abgewandelte Nikolaus-Motive zurück. Aus diesen Bildern wurde der moderne Santa Claus, und Nast malte Bilder wie diese bis an sein Lebensende. Ein bekannter Softdrink-Hersteller nahm die Figur auf und trug dazu bei, dass Santa Claus weltbekannt wurde, und der Weihnachtsmann auch ab den 1950er Jahren in Deutschland Geschenke brachte.
Nikolaus, Christkind, Weihnachtsmann
- Der heilige Nikolaus geht auf historische Persönlichkeiten im 4. und 6. Jahrhundert zurück.
- Legenden verleihen dem Heiligen Symbolkraft und machen ihn zum Gabenbringer.
- Ab dem 17. Jahrhundert verweisen Quellen auf Einkehrbräuche mit dem Nikolaus und seinen Begleitern.
- In der Oberpfalz kommt der heilige Bischof meist mit dem Knecht Ruprecht. Der Nikolaus ist der Gabenbringer, der Knecht bestraft böse Taten.
- Im 19. Jahrhundert werden die Figuren von Nikolaus und Knecht Ruprecht auch oft miteinander vermischt, sodass der Heilige ebenfalls als Bestrafer auftritt.
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