Eine Gruppe Jugendlicher, eine ausgelassene Partyszene, ein Halbstarker, der mit einer Bierflasche in der Hand auf die Idee kommt: „Hey, lasst uns spielen. Wer ist dabei?“ Kurz vorab die Spielregeln, falls du jetzt neugierig geworden bist und es bei der nächsten Feier selbst testen willst. Man braucht mindestens drei Spieler. Einer beginnt einen Satz mit „Ich habe noch nie in meinem Leben …“ und beendet ihn mit etwas, das er noch nie getan hat. Hat ein Mitspieler die Sache schon einmal gemacht, muss er ja sagen und ist als nächstes an der Reihe. Der Kreativität – keine Grenzen gesetzt.
Ich sitze auf meinem Sofa und beobachte, wie der Abspann des Films noch einmal alle Beteiligten in den Mittelpunkt rückt und frage mich: Was habe ich noch nie gemacht? Gibt es überhaupt etwas? Schließlich ist mein Leben schön. Nie langweilig. Meistens glücklich. Definitiv erfüllt. Ich bin 33 Jahre alt, da muss man doch schon einiges gemacht haben, richtig? Falsch. Ich denke nach und merke, wie viele Dinge mir einfallen. Erwarte jetzt keine großen „ich war noch nie in einem Spaceshuttle“- oder „ich habe noch nie einen Löwen gefüttert“- Gedanken. Es sind Kleinigkeiten, die so nahe liegen. Und doch waren sie mir bisher so fern.
Ich habe noch nie in meinem Leben … einem Fremden gesagt, wie schön ich sein Outfit finde. Auch, wenn ich mir das oft denke, wenn Menschen in der Stadt an mir vorbeilaufen. Ich habe noch nie etwas völlig Irres mit meinen Haaren gemacht. Kurz, andere Farbe, auffallender Pony. Lust? Absolut. Aber ich habe es nie getan. Ich habe noch nie vor meinem Spiegel zu guter Musik getanzt, nie angefangen, Tschechisch zu lernen, obwohl es mich immer wieder in dieses wunderschöne Land zieht. War noch nie alleine im Kino. Selbst, wenn ich den Film unbedingt sehen will, gerade aber niemand Zeit hat. Habe nie verrückte Eissorten wie Sanddorn oder Kurkuma-Chili getestet, nie einen Halloween-Kürbis geschnitzt, wobei Halloween seit meiner Kindheit einer meiner liebsten Tage ist. Habe nie 100 Euro in einem Casino auf Rot gesetzt. Ich habe noch nie Schach gespielt, es nicht einmal versucht. Nie selbst Sushi gemacht oder mich an auch nur einer Yoga-Übung versucht. War noch nie Blut spenden, auch wenn ich weiß, wie wichtig das wäre. War nie in einem Tierheim, um mit einem Vierbeiner eine Runde in der Natur zu drehen. Ich habe noch nie meinen Rucksack gepackt und bin in einen Zug gestiegen – ohne Ziel oder strikte Planung. Einfach bleiben, wo es schön ist. Habe noch nie ohne Zelt unter dem Sternenhimmel geschlafen … würde ich alles aufschreiben, könnte ich damit die nächsten zehn Seiten füllen.
Ich erinnere mich, dass ich als Kind viele erste Male hatte. Das erste Mal Fahrradfahren, das erste Mal bis zum Boden eines Schwimmbeckens tauchen, das erste Mal wackelig auf Schlittschuhen stehen. Das erste Mal auf einen Baum klettern – ohne Plan, wie ich wieder runterkomme. Kinder haben eine erstaunliche Neugier. Einen Drang, Dinge zu hinterfragen, die Welt zu entdecken. Warum habe ich damit aufgehört? Es ist ja nicht so, dass ich mich jemals bewusst dagegen entschieden hätte. Ganz im Gegenteil. Vieles von den Dingen, die mir eingefallen sind, würde ich wahnsinnig gerne ausprobieren. Ich habe einfach nie darüber nachgedacht. Wir alle leben in unseren festen Gewohnheiten, schaffen uns einen Alltag, mit dem wir zufrieden, im besten Fall sogar glücklich sind. Warum daran etwas ändern, wenn das System funktioniert? Warum überhaupt hinterfragen? Weil das unseren Horizont erweitert. Bei mir hat es einen mittelmäßigen Low-Budget-Film gebraucht, um mich zu fragen, was ich in meinem Leben gerne einmal versuchen würde. Ich habe mir eine Liste geschrieben und werde sie abarbeiten. Wer weiß, vielleicht finde ich an der einen oder anderen Sache gefallen. Jetzt frage ich dich: Was hast du noch nie in deinem Leben gemacht? Finde es heraus und schreibe deine eigene „Ich werde das erste Mal in meinem Leben“-Liste.
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