In meinen Händen halte ich ein königsblaues Lenkrad. Ich kneife meine Augen zusammen und visiere den Scheitelpunkt der Kurve an. Die gleißende Mittagssonne erhitzt den Boden unter den zwei fingerbreiten Gummireifen. Mit beiden Füßen stoße ich mich ab und rase auf den Betonpfeiler zu. Im letzten Moment rammen meine Fersen auf die Fliesen der Terrasse meiner Großeltern. Ich steuere das Auto zielsicher um die Hausecke und halte mit einem breiten Grinsen an. Das quietschbunte Spielzeugauto ist eine meiner ersten Kindheitserinnerungen.
20 Jahre später hat sich mein Leben stark verändert. Das Lieblingsessen ist nicht mehr Nudeln in Tomatensoße, die langen Haare von damals kann ich heute nicht mehr sehen. Eine Sache ist geblieben: die Leidenschaft für das Autofahren. Für die meisten Menschen sind sie lediglich rollende Haufen aus Blech, Schrauben und Glas. Ein Fortbewegungsmittel, um von Punkt A nach Punkt B zu kommen. Ein notwendiges Übel. Diesen Aspekt haben Autobegeisterte völlig vergessen. Sie sind keine Werkzeuge, die einen praktischen Nutzen erfüllen. Autos machen uns glücklich, wie kein anderer Gegenstand. Sie vereinen Kunst, Technik und Geschwindigkeit.
Doch viele Menschen denken anders. Im Überholspur-Podcast von Oberpfalz-Medien spreche ich mit Gästen aus der Region über ihre persönlichen Auto-Geschichten. Zuletzt war ein Unternehmer aus Störnstein zu Gast, der mit einem 800-PS-Honda bei Beschleunigungsrennen gegen andere Rennfahrer antritt. Unter dem dazugehörigen Artikel äußerte ein Leser Kritik: "Während sich andere Mitmenschen redlich darum bemühen, auch mit kleineren Beiträgen für den Erhalt unserer Umwelt die altbewährte Devise 'Meine Kinder sollen es mal gut/ besser haben' zu praktizieren, scheint Ihnen dieses Motto fremd zu sein."
Ich kann die Aussage nachvollziehen. Verbrennungsmotoren schaden dem Klima. Das ist Fakt. Dennoch ist nicht jeder Autobegeisterte ein Klimasünder. Ich verzichte beispielsweise auf Reisen mit dem Flugzeug oder dem Kreuzfahrtschiff. Ein Sommerurlaub in der Türkei kommt für mich nicht infrage. Sollte ich zudem meine größte Leidenschaft begraben, damit es der Umwelt ein klein bisschen besser geht? Diese Frage wird mich noch lange beschäftigen. Vermutlich finde ich nie die richtige Antwort darauf.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.
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