Oberpfalz
02.07.2019 - 07:21 Uhr

Vorsicht bei Kinderbildern im Internet

Eltern sind stolz auf ihre Kinder und wollen das mit ihrem Umfeld teilen. Trotzdem haben intime Kinderbilder im Internet nichts zu suchen - aus guten Gründen.

Eine junge Frau fotografiert im Schwimmbad mit ihrem Handy Kinder im Wasser. Bild: Jens Büttner/dpa
Eine junge Frau fotografiert im Schwimmbad mit ihrem Handy Kinder im Wasser.

Das Mädchen baut am Strand eine Sandburg. Das Kind trägt nur eine Badehose. Die Eltern machen ein Foto, teilen es in einer geschlossenen Whatsapp-Gruppe mit Freunden. Die Mutter postet das Bild zudem über Facebook. Ihr Profil ist privat. Das Foto sehen nur die Freunde - denken die Eltern. Es wird jedoch immer weiter verbreitet. Am Ende landet das Bild des kleinen Mädchens auf dem Computer eines Pädophilen.

Es ist eine fiktive Szene. Die sich aber genau so abgespielt haben könnte. Laut Ernst Wager, Leiter des Kommissariats K11 für Internetkriminalität in Weiden, ist ein solcher Verbreitungsweg "nicht ausgeschlossen". "Ein Bild, das Sie im Internet veröffentlichen, geben Sie aus der Hand. Sie haben keine Kontrolle mehr", betont er. Das Bild könne immer wieder weitergegeben werden. Das müsse nicht einmal aus böser Absicht sein. Wenn jemandem zum Beispiel die Frisur des Kinds gefällt oder die Sandburg.

Rückschlüsse auf Adresse

Durch die ständige Weitergabe könne das Foto auch bei jemandem landen, der möglicherweise ganz andere - pädophile - Interessen an dem Kind hat. Hinzu kommt: Werden Bilder unter Klarnamen veröffentlich, lässt sich leicht die dazugehörige Adresse herausfinden.

Gar keine Fotos mehr zu veröffentlichen, sei laut Wager aber auch nicht realistisch. "Ich bewege mich ja auch nicht gar nicht mehr aus dem Haus, aus Angst, es könnte mir etwas passieren." Er mahnt aber zur Vorsicht - zu vorausschauendem Handeln. Eltern sollten nur unverfängliche Fotos veröffentlichen.

Wager sagt aber auch, dass man nicht in die Köpfe der Menschen schauen könne - nie weiß, welche Bilder einen Pädophilen ansprechen. Es habe schon Hausdurchsuchungen gegeben, bei denen die Beamten auf Rechnern Tausende von Bildern gefunden haben. Diese hätten aber keine Kinder in sexuellen Posen gezeigt, sondern hätten die Kinder zum Beispiel alle "nur blaue Augen" gehabt.

Amberg14.06.2019

Fotografin Sophia Brüderer aus Dießfurt (Landkreis Neustadt/WN) hingegen hat sich dazu entschieden, keine Bilder von Babys oder Kleinkindern mehr online zu veröffentlichen. Hauptgrund dafür sei, dass sie gelesen habe, "dass Pädophile sich vor allem an dem 'unschuldigen Blick der Kinder und Babys' erfreuen". Zudem: "Die Kinder können selbst noch nicht entscheiden, ob sie das überhaupt möchten." Man könne nicht ausschließen, dass es den Kindern, wenn sie älter sind, nicht sogar peinlich ist, wenn sie Fotos von sich im Internet finden.

Besonders problematisch sieht Brüderer die Veröffentlichung von Bildern, auf denen nackte Babys zu sehen sind: "Das ist eine sehr intime Angelegenheit und muss nicht von tausenden fremden Menschen gesehen werden." Brüderer, die seit zwei Jahren als Fotografin arbeitet, sagt aber auch, dass sie in dieser Zeit bereits die Erfahrung gemacht habe, dass viele Eltern sowieso zurückhaltend gewesen seien, wenn es um die Veröffentlichung im Internet ging: "Manche wollten es gar nicht. Manche nur ohne Namensnennung. Aber im Durchschnitt waren die Eltern überwiegend dagegen, was gut ist."

Kinder schützen

Dr. Christian Rexroth, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Weiden, betont, dass es die Aufgabe der Eltern ist, ihre Kinder zu schützen. Kinder haben zudem nach Artikel 16 der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht auf ihr Privatleben.

Eine Veröffentlichung von Kinderbildern aus der familiären Intimsphäre, dem persönlichen Lebensbereich des Kindes, widerspricht sowohl diesem Recht als auch der im Grundgesetz verankerten Schutzpflicht der Eltern. "Bilder von Kindern könnten auch Blicke von Menschen auf sich ziehen, die dabei sexuelle Erregung empfinden", betont auch Rexroth. Er warnt zudem davor, dass eine Veröffentlichung von Kinderfotos zu einer Beschädigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Eltern und Kindern führen könne. Das Schamgefühl der Kinder könne durch die Bilder im Internet verletzt werden. Die Folge: "Ärger und Wut auf die Eltern bis zu einem Brechen mit den Eltern." Auch würden Eltern, denen es wichtig sei, dass die von ihnen ins Netz gestellten Bilder möglichst viel Aufmerksamkeit in Form von Klicks und Likes erhalten, ihren Kindern ein falsches Bild vermitteln, was den Selbstwert betrifft. Es sei "für die Persönlichkeitsentwicklung des Kinds nicht zuträglich, wenn es lernt, dass gemocht werden im Internet eine Rolle spielt". Aufmerksamkeit von Unbekannten aus dem Internet dürfe für die Kinder nicht relevant sein. Was zählen müsse, sei die Meinung von Eltern, Familie und Freunden.

"Früher hat man solche Bilder doch auch nicht an die Liftfaßsäule gehängt. Warum macht man sie jetzt öffentlich, nur weil es möglich ist?", hinterfragt der Arzt. Wollen Eltern andere am Leben ihrer Kinder teilhaben lassen, dann sollten sie das immer in geschlossenen Foren tun - und auf intime Fotos verzichten. "Die Veröffentlichung solcher Bilder ist weder cool noch süß."

Tipps Zum Umgang mit Kinderfotos:

Das Deutsche Kinderhilfswerks hat auf seiner Homepage sechs Tipps zusammengestellt, was Eltern bei der Veröffentlichung von Kinderfotos im Internet beachten sollten:

  • Beziehen Sie Ihr Kind ein: Sprechen Sie mit Ihrer Familie über den Umgang mit Bildern im Internet. Fragen Sie Ihr Kind, bevor Sie ein Foto von ihm veröffentlichen.
  • Vermeiden sie die Preisgabe personenbezogener Daten: Posten Sie niemals den Namen Ihres Kindes zusammen mit einem Fotos. Auch Informationen oder Bilder, die Rückschlüsse auf Wohnort oder Schule zulassen. Sollten Sie vermeiden.
  • Prüfen Sie Ihre Sicherheits- und Privatsphäre-Einstellungen: Das Risiko, dass Ihre Bilder in falsche Hände geraten, ist umso geringer, desto mehr der Empfängerkreis eingeschränkt ist.
  • Posten Sie keine Fotos von Kindern in peinlichen oder unangenehmen Situationen: Was Eltern im ersten Moment vielleicht lustig oder süß finden, kann Kindern einige Jahre später peinlich sein. Die Kinder sollten immer bekleidet sein. Wichtig ist es auch, auf möglicherweise unangebrachte Gegenstände im Hintergrund zu achten. Sind weitere Kinder auf dem Bild, müssen auch deren Eltern mit der Veröffentlichung einverstanden sein.
  • Überlegen Sie, ob das Gesicht des Kindes erkennbar sein muss: Gesichter von Kindern können gepixelt oder durch ein Emoji verdeckt werden. Auch Fotos, die Kinder von hinten zeigen oder nur deren Hände oder Füße, sind in der Regel unbedenklich.
  • Seien Sie Vorbild: Erwachsene haben eine Vorbildfunktion. Wenn Sie selbst verantwortungsbewusst mit Fotos in den sozialen Medien umgehen, lernen das auch Ihre Kinder.

Mehr dazu:

www.dkhw.de/schwerpunkte/medienkompetenz/tipps-fuer-den-umgang-mit-kinde...

 
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