Wegen Falschparkens ins Gefängnis? Das gibt's auch in der Oberpfalz

Oberpfalz
10.05.2023 - 17:32 Uhr
OnetzPlus

Ein nicht bezahlter Strafzettel kann der erste Schritt auf dem Weg ins Gefängnis sein. Dieser Weg in die sogenannte Erzwingungshaft ist relativ lang. Aber auch in der Oberpfalz kommt es vor, dass ihn manche Schuldner gehen.

Vom Strafzettel ins Gefängnis ist ein relativ langer Weg. Manche beschreiten ihn trotzdem.

Wegen Schwarzfahrens oder Falschparkens ins Gefängnis? Das gibt es tatsächlich auch in der Oberpfalz, wie Schuldnerberater aus der Region bestätigen. Die Experten sagen aber auch, dass diese Fälle nicht besonders häufig vorkommen. Tatsächlich müsse schon einiges zusammenkommen, bis man für eine bloße Ordnungswidrigkeit eine Haftstrafe antreten muss.

Dennoch hat das Thema zuletzt für Aufsehen gesorgt, weil die Bundesregierung plant, die entsprechende Regelung abzuschaffen oder zumindest zu entschärfen. Dabei zeigt eine Nachfrage, dass in Bayern und der Oberpfalz gar nicht wirklich klar ist, wie häufig diese Fälle tatsächlich sind. Auf eine Anfrage ans bayerische Justizministerium, wie viele Häftlinge in Bayerns Gefängnissen wegen der sogenannten Erzwingungshaft sitzen, lautet die Antwort: "Dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz liegen hierzu keine statistischen Daten vor."

Nicht Strafe, sondern Zwang

Dabei muss grundsätzlich zwischen Erzwingungshaft und Ersatzfreiheitsstrafe unterschieden werden. In beiden Fällen hätte der Häftling auch bezahlen können, um nicht ins Gefängnis zu müssen. Bei der Ersatzfreiheitsstrafe "ersetzt" die Haft dann tatsächlich die Geldstrafe. Auch die Dauer ist durch die Zahl der Tagessätze genau festgelegt. Wer zum Beispiel eine Strafe von 50 Tagessätzen nicht bezahlen will, geht statt dessen für 50 Tage in die Justizvollzugsanstalt (JVA).

Bei der Erzwingungshaft bleibt dagegen die Geldstrafe auch nach der Haft bestehen. Sie ist nicht als Strafe, sondern als Zwangsmittel zu verstehen. Es gehe darum, "den Willen des Schuldners zu brechen", wie es in juristischen Kommentaren dazu heißt. Die Dauer richtet sich nach der Höhe des fälligen Bußgeldes, darf aber drei Monate nicht übersteigen. Das Bußgeld mit allen angefallenen Gebühren und Verzugszinsen muss vom Schuldner auch danach beglichen werden. Betroffene können für dasselbe Bußgeld nur einmal in Erzwingungshaft genommen werden.

Schwache Datenlage

Damit ist der Sinn der Maßnahme erklärt. Wie häufig sie aber vorkommt, lässt sich auch bei der Staatsanwaltschaft in Weiden nicht erfahren. Immerhin weiß Sprecher Wolfgang Voit, dass im vergangenen Jahr ca. 300 Androhungen zur Erzwingungshaft ausgesprochen wurden. Dies mache seine Behörde im Auftrag des Amtsgerichts, bei dem die jeweiligen Bußgeldstellen die Erzwingungshaft beantragen. "Die meisten Betroffenen zahlen dann spätestens bei dieser Aufforderung", erklärt Voit. Wie viele tatsächlich nicht zahlen und lieber ins Gefängnis gehen, werde dann aber nicht erfasst. Voit weiß allerdings, dass es bei vielen Erzwingungshäftlingen nicht um fehlendes Geld, sondern um fehlende Einsicht geht. Die Rechtmäßigkeit der Strafe wird angezweifelt und deshalb nicht bezahlt, sagt Voit.

Dass es aber doch auch in der Oberpfalz vorkommt, dass Menschen aus Geldmangel in Erzwingungshaft müssen, bestätigen Schuldnerberater aus der Region. "Gegen die Verschuldeten wird immer wieder mal ein Haftbefehl erlassen", gibt Johann Rußwurm von der AWO Amberg im Gespräch an, "oft wenden sich die Betroffenen zu spät an einen Schuldnerberater." Dann haben die Verschuldeten mit Mahnungen, Mahngebühren, Zinsen und anderen Versäumnisgebühren zu kämpfen. Dabei bieten Gerichte nach Klärung der finanziellen Situation bei Bedarf auch eine Ratenzahlung an, wenn sie die fälligen Bußgelder nicht auf einmal begleichen können. "Deshalb ist es wichtig, etwaige Zahlungsschwierigkeiten vorher mit uns zu besprechen", ergänzt Rußwurm.

Sucht als Ursache

Wenn Schuldner überhaupt nicht auf die Forderungen reagieren, könnten nach Angaben von Stefan Zwerenz von der Caritas in Tirschenreuth auch Inkasso, Gerichtsverfahren und die Zwangsvollstreckung drohen. "Wir raten Betroffenen dazu, uns rechtzeitig von ihrer finanziellen Situation in Kenntnis zu setzen", mahnt Zwerenz an. "Auch bei einer Suchtproblematik und psychischen Problemen sollte rechtzeitig um Hilfe gebeten werden, denn diese sind häufig der eigentliche Grund für den Zahlungsverzug." Die Beratungsstelle würde dann oft zu spät aufgesucht.

Dennoch komme es aber immer wieder auch vor, dass trotz vereinbarter Ratenzahlung nicht gezahlt und dann ein Erzwingungshaftbefehl angedroht und letztendlich auch erlassen wird. "Mittels Haftbefehl ist den Verschuldeten mehrere Tage Gefängnisaufenthalt angedroht worden. Dann wird meistens gezahlt", erklärt der Leiter der Caritas-Sozialberatung in Tirschenreuth. Wenn nicht, erlässt die Staatsanwaltschaft den Erzwingungshaftbefehl. Dann wird der Schuldner von Polizeibeamten zu Hause oder auch für alle sichtbar am Arbeitsplatz abgeholt und in die JVA überführt.

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Oberpfalz10.05.2023
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